Flensburg Berufsfahrer fürchten Punkte-Reform

Flensburg · Ab heute gilt das neue Punktesystem für Verkehrssünder. Vor 40 Jahren wurde es ursprünglich in Flensburg eingeführt.

Seit dem 1. Mai 1974 sammeln Autofahrer auf Deutschlands Straßen Punkte. Vor genau 40 Jahren wurde das sogenannte Punktesystem beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eingeführt, Verstöße werden seitdem in der Verkehrssünderdatei in Flensburg registriert. Die Einführung hat einen traurigen Hintergrund: Mehr als 21 000 Verkehrstote habe es damals in einem Jahr gegeben, heißt es aus dem KBA. Ziel sei es gewesen, den Straßenverkehr sicherer zu machen. Nun gibt es weniger als 4000 Tote - auch moderne Autos ließen die Zahlen wohl sinken.

Jetzt erlebt das Punkte-Modell seine bislang größte Reform. Ab heute gilt ein neues System, gleichzeitig tritt ein überarbeiteter Bußgeldkatalog für Autofahrer in Kraft. Laut dem Bundesverkehrsministerium soll das Punktesystem nun "einfacher, gerechter und transparenter" sein. Künftig wird die Fahrerlaubnis bereits nach acht Punkten entzogen statt bislang bei 18 Punkten. Jedoch werden die Punkte auch anders bemessen.

Ein Beispiel: Wer über eine rote Ampel fährt, bekommt mindestens einen Punkt statt bisher mindestens drei Punkte. In anderen Fällen bleiben die Punkt-Werte jedoch unverändert: Wer während der Fahrt mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, bekommt auch nach der Reform weiterhin einen Punkt. Doch "für die Autofahrer hat künftig jeder Punkt mehr Gewicht", sagt Daniela Mielchen aus der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins.

Somit sei der Führerschein nun unter Umständen auch schneller in Gefahr: "Im neuen System wird der Führerschein nach vier Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot entzogen, bislang war das nach fünf bis sechs der Fall."

Der Auto Club Europa (ACE) kritisiert den neuen Punktekatalog. Insbesondere Berufskraftfahrer seien die Verlierer der Reform: "Für sie ist das Risiko, den Führerschein schneller zu verlieren besonders hoch", sagt ACE-Justiziar Volker Lempp. Obwohl viele Berufskraftfahrer für Mängel am Fahrzeug oder der Beladung oft nicht allein verantwortlich seien, gingen die Punkte auf ihr Konto. Der Bund Deutscher Berufskraftfahrer (BDBK) befürchtet deshalb erhebliche Nachteile für die Branche: "Viele Speditionen klagen bereits über einen Fahrermangel, das könnte sich jetzt noch verschlimmern", sagt der BDBK-Bundesvorsitzende Wolfgang Westermann. Verkehrssünder können zwar auch weiterhin freiwillig Punkte abbauen, jedoch nur noch einen Punkt innerhalb von fünf Jahren und nur dann, wenn maximal fünf Punkte auf ihrem Konto sind.

Für viele Verkehrsverstöße müssen die Autofahrer auch tiefer in die Tasche greifen. Wer während der Fahrt sein Handy am Ohr hat, zahlt beispielsweise einen Regelsatz von 60 Euro statt wie bisher 40 Euro. Einige Verstöße, die nun nicht mehr einen Punkt nach sich ziehen, werden mit einem teils deutlich höheren Bußgeld geahndet. Punkte, die bereits im alten System registriert sind, werden im Übrigen umgerechnet und übertragen. Aus bis zu drei alten Punkten wird allerdings nur ein Punkt in der neuen Kartei, 16 bis 17 Punkte ergeben sieben neue Punkte.

(RP)
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