Brüssel Belgien: Bewegender Thronwechsel mit Kuss und Tränen

Brüssel · Es ist ein wunderbar menschlicher Moment: Belgiens neuer König Philippe nimmt seine Gattin auf dem Palast-Balkon in den Arm und will Mathilde vor der jubelnden Menge küssen. Doch als er sich ihrem Mund nähert, dreht sie ihren Kopf so, dass er politisch-korrekt nur die Wange erwischt. Dann flüstert sie ihm etwas ins Ohr. Vermutlich eine Erinnerung ans Protokoll, was so viel Emotionsausbruch nicht vorsieht. Derweil skandieren Zehntausende Belgier "Es lebe der König" und schwenken Fahnen.

Der erste öffentliche Auftritt des Monarchen nach der Vereidigung gestern Mittag hatte Symbolwert. Hand in Hand mit Mathilde trat Philippe auf den Balkon des königlichen Palastes, so als besteige ein Team den Thron. Seine Frau, eine studierte Psychologin, gilt als wichtigste Stütze und Beraterin ihres Mannes. Sie ist zudem das beliebteste Mitglied der Königsfamilie. Auch gestern verzauberte die Tochter einer belgischen Aristokratenfamilie ihre Landsleute mit Charme und Eleganz. Für den historischen Auftritt als neue Königin wählte die 40-Jährige ein elfenbeinfarbenes Kleid ihres Lieblings-Designers Edouard Vermeulen ("Natan").

Der ausgebildete Jagdpilot Philippe (53) trug eine Generalsuniform – mit vier Sternen auf der Schulter – sowie Säbel und eine violette Schärpe. Bei seiner Vereidigung am Morgen rührte er Mathilde zu Tränen, als er ihren "angeborenen Sinn für menschliche Kontakte" lobte: "Ich bin mir des großen Glücks sehr bewusst, dass ich auf die ständige Unterstützung meiner Ehefrau, Königin Mathilde, zählen kann."

Wie in der Verfassung vorgeschrieben, legte Philippe seinen Eid vor den beiden Kammern des Parlaments ab – und zwar in allen drei Landesprachen Niederländisch, Französisch und Deutsch: "Ich schwöre, die Verfassung und die Gesetze des belgischen Volkes zu beachten, die Unabhängigkeit des Landes zu erhalten und die Unversehrtheit des Staatsgebietes zu wahren", so der Kernsatz. Da er als König der Belgier seine Macht vom Volk bekommt, fehlten typische königliche Insignien wie Zepter, Hermelinmantel oder Krone.

In seiner ersten Rede versprach König Philippe ganz im Sinne seines Vaters Albert, sich "in den Dienst aller Belgier" zu stellen. Wegen eines Dauerstreits zwischen französischsprachigen Wallonen und Niederländisch sprechenden Flamen drohte Belgien schon mehrfach die Spaltung. "Der Reichtum unseres Landes liegt vor allem darin begründet, dass wir aus unserer Verschiedenheit eine Stärke machen."

(RP)
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