Gründliche Arbeitsteilung im Hause Kohl Beim flotten Tango hat's gefunkt

Berlin (rpo). Der Teenager Helmut Kohl konnte gut Tango tanzen. Das fiel Hannelore Renner bei der ersten gemeinsamen Tanzstunde 1948 auf. Sie hielt ihn fest und ließ ihn nicht mehr los. Zuvor hatten sie sich schon bei einem Klassenfest kennen gelernt. Hannelore soll sich damals zuerst eher abschätzig über die flotten Sprüche Helmuts geäußert haben.

Da war die am 7. März 1933 in Berlin geborene Tochter eines pfälzischen Ingenieurs nach den Kriegswirren in Ludwigshafen gelandet, der Heimat ihrer Großeltern väterlicherseits. Zwölf Jahre ging sie mit Helmut, 1960 heirateten sie. 1982 wurde er Kanzler.

Bei aller Liebe: Küsschen-Bilder von Hannelore Kohl und ihrem Ehemann Helmut sind nicht überliefert. Der Altkanzler und seine Frau haben es in ihrer gemeinsamen Zeit an der Spitze der Bundesregierung verstanden, die Grenze zwischen Privatheit und Öffentlichkeit selbst zu bestimmen und die Medien nur äußerst selektive Einblicke hinter diese Grenze nehmen zu lassen.

Wo der Kanzler meinte, seine eigene Präsenz schicke sich nicht oder gäbe Anlass zu unpassenden Fotos oder Berichten, da schickte er seine Frau hin. Zum Beispiel zu "Wetten, dass...?" Und immer machte Hannelore eine gute Figur, zeigte sich redegewandt und brachte es fertig, charmant Werbung für die Partei ihres Mannes und erst recht für das Kuratorium ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des zentralen Nervensystems zu machen. Sie hatte es selbst gegründet und war von 1983 bis zu ihrem Tode Präsidentin. Als Spendensammlerin war sie unübertroffen.

Die Neigung ihres Mannes zu opulenten Mahlen vorwiegend deftigen Charakters nutzte Hannelore, indem sie ein Kochbuch schrieb. Er aß, sie veröffentlichte mit Hilfe von Spitzenköchen das Rezept für Pfälzer Saumagen.

Kein Familienunternehmen

Auch der Umstand, dass sie fließend Englisch und Französisch sprach, kam beiden oft zu Gute. Immerhin war Hannelore Diplomdolmetscherin. Beide waren sich jedoch darin einig, dass man daraus - etwa bei Auslandsreisen Kohls - kein Familienunternehmen machen sollte. Überhaupt begleitete sie ihren Mann nur selten auf Reisen, wenn er in seiner Eigenschaft als Regierungschef unterwegs war. Das hatte eine Zeit lang auch ausufernde Gerüchte über das Eheleben zur Folge.

Anders war es manchmal bei der Parteiarbeit. Hannelore Kohl sprach vor CDU-Frauen, schrieb sich ihre Reden selbst, antichambrierte bei Organisationen, Verbänden und Unternehmen. Sie zwackte hier und da einen wertvollen Gegenstand ab, auf den sie dann neben ihrer eigenen auch noch die Unterschrift ihres Mannes und anderer Prominenter praktizierte, und ließ ihn zu Gunsten des Kuratoriums versteigern.

Wenn Helmut Kohl ins Private kam, wie einmal bei Alfred Biolek, dann gab er zu, dass er wohl einen wesentlichen Teil eines Menschenlebens verpasst habe: die Vaterrolle. Mit Hannelore hat er zwei Söhne, Walter (geboren 1963) und Peter (geboren 1965). Seine Frau dagegen beschränkte sich auch deshalb aufs Nötigste beim Repräsentieren, weil sie sich um die Kinder kümmern wollte. Umso schwerer muss es ihr im Mai 2001 gefallen sein, wegen ihrer schweren Lichtallergie nicht nach Istanbul zu Peters Hochzeit fahren zu können.

Dass Hannelore Kohl bei aller Prominenz ein hartes Leben hatte, geht aus zahlreichen biografischen Dokumenten hervor. Kohl lobte ihre "absolute Zuverlässigkeit", sie selbst bekannte manchmal, sie leide unter Einsamkeit. Am Donnerstag nahm sie sich in Ludwigshafen das Leben, der Stadt, die zum Sinnbild der Heimatverbundenheit der Kohls geworden war.

(RPO Archiv)
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