Kleinstadt in Nordengland Angst vor Dammbruch und Plünderungen – neue Regenfälle drohen

Whaley Bridge · Hält er oder nicht? Bange Blicke richten sich in einer nordenglischen Kleinstadt auf einen beschädigten Staudamm. Premier Johnson machte sich ein Bild von der Lage, Einwohner durften kurz in ihre Häuser.

 Paletten mit Sandsäcken stehen auf einer Straße. In einem dramatischen Wettlauf gegen Zeit und Wetter versuchen Helfer in dem Städtchen Whaley Bridge in Nordengland, einen drohenden Dammbruch zu verhindern.

Paletten mit Sandsäcken stehen auf einer Straße. In einem dramatischen Wettlauf gegen Zeit und Wetter versuchen Helfer in dem Städtchen Whaley Bridge in Nordengland, einen drohenden Dammbruch zu verhindern.

Foto: dpa/Peter Byrne

In einem dramatischen Wettlauf gegen Zeit und Wetter versuchen Helfer in dem Städtchen Whaley Bridge in Nordengland, einen drohenden Dammbruch zu verhindern. Schon für Sonntagnachmittag kündigte der Wetterdienst starke Regenfälle an, die die Lage verschärfen könnten. Einsatzkräfte versuchten verzweifelt, die Struktur des beschädigten Bauwerks aus dem 19. Jahrhundert zu stützen und den Wasserstand im Toddbrook Reservoir zu senken. „Die Ingenieure sind sehr beunruhigt“, so Feuerwehrchef Terry McDermott.

Premierminister Boris Johnson versuchte, den Einwohnern Mut zu machen. „Notfallhelfer, Ingenieure und Angehörige der Royal Air Force arbeiten rund um die Uhr, um den Damm zu reparieren“, sagte er bei seinem Besuch am Freitag. In der Kleinstadt wurden Sorgen laut: „Sollte der Damm brechen, wäre wahrscheinlich der ganze Ort weg“, sagte ein Mann der Zeitung „Derbyshire Telegraph“.

Zuvor hatte es in der Region viele Tage lang sehr stark geregnet. Berichten zufolge gab es binnen 48 Stunden so viel Niederschlag wie sonst in eineinhalb Monaten üblich ist.

Wie viele der rund 6500 Einwohner hatten der Bewohner und seine Frau ihr Haus verlassen müssen - die Behörden hatten unmissverständlich gewarnt, dass Lebensgefahr bestehe. Am Samstag durften die Bewohner nochmals kurz in ihre Häuser, um Haustiere und persönliche Sachen abzuholen. Erlaubt war nur eine Person für 15 Minuten pro Gebäude - viele brachten aber Freunde mit, um gemeinsam Sachen herauszutragen. Auch die Angst vor Plünderungen nahm in der Bevölkerung zu.

Feuerwehren setzten Hochleistungspumpen ein, um Wasser abzuleiten. Der Pegel muss laut Johnson um acht Meter reduziert werden. Der Premier wies die Bevölkerung an, den Anweisungen der Behörden zu folgen. Sollte der Damm brechen, dürfte die Zerstörung immens sein.

Der Pegelstand des Flusses River Goyt könne schnell steigen, sollte Wasser aus dem Staudamm austreten, teilte die Umweltbehörde mit. Experten befürchteten, dass ein beschädigter Überlauf endgültig einbrechen und „massive Überflutungen“ auslösen könne. Immerhin enthalte das um 1830 gebaute Reservoir rund 1,3 Millionen Tonnen Wasser. Die jährliche Inspektion fand nach Angaben der Binnenwasser-Verwaltung im November statt.

Zur Hilfe kam den Einsatzkräften die Royal Air Force: Ein „Chinook“-Lasten-Hubschrauber warf große Säcke mit einer Mischung aus Sand, Kies und Schotter ab, um die Mauer des Reservoirs zu stabilisieren und an anderer Stelle Wasserläufe umzuleiten.

„Ich lebe hier schon seit 45 Jahren, aber so etwas habe ich noch nie gesehen. Dass wir so in Gefahr geraten könnten, habe ich auch nicht gedacht“, sagte eine Frau der Nachrichtenagentur PA. Teile des Ortes seien „wie eine Geisterstadt“, berichtete ein Einheimischer der BBC.

Viel mehr als zu warten und zu hoffen, blieb den Einwohnern nach der angeordneten Evakuierung allerdings nicht. Die meisten von ihnen waren in Notunterkünften oder bei Verwandten und Freunden untergekommen. Wegen der Gefahrenlage wurden in der Umgebung auch mehrere Straßen sowie Bahnstrecken gesperrt.

(zim/dpa)
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