50.000 Erdbeben-Tote befürchtet Wettlauf mit der Zeit in Haiti

Port-au-Prince (RPO). Am dritten Tag nach dem schweren Erdbeben wachsen in den betroffenen Gebieten in Haiti Unmut und Verzweiflung. Während am Flughafen der Hauptstadt Port-au Prince internationale Hilfe im Minutentakt eintraf und zu logistischen Problemen führte, gruben die Menschen vielerorts weiterhin mit bloßen Händen in den Trümmern nach Opfern. Nach Schätzungen des Roten Kreuzes muss mit 40.000 bis 50.000 Erdbeben-Toten gerechnet werden.

Haiti: Verzweiflung und Wut
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"Wenn die internationale Hilfe nicht kommt, wird sich die Lage schnell verschlimmern", sagte ein Überlebender in Port-au-Prince. "Wir brauchen dringend Wasser und Lebensmittel." Ein andere klagte: " Wir hören im Radio, das Rettungsteams von außen kommen, aber nichts kommt. Wir haben nur unsere Finger zum Graben". Verärgert rief ein Mann: "Mehr Ärzte, weniger Journalisten".

Die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen warnten am Donnerstag, die Versorgung der Überlebenden sei eine "große logistische Herausforderung". Schätzungen zufolge sind in dem bitterarmen Staat rund drei Millionen Menschen von der Katastrophe betroffen, bei der vermutlich zehntausende starben.

Der Luftraum über Haiti war überfüllt. Die haitianische Regierung bat die USA und andere Länder, vorerst keine weiteren Flüge nach Port-au-Prince zu leiten, wie die US-Luftfahrtbehörde FAA mitteilte. Ein US-Militärflugzeug und zehn zivile Flugzeuge kreisten über der Hauptstadt Haitis und warteten darauf, dass andere Flugzeuge Landebahn freigeben, sagte eine FAA-Sprecherin.

Nach dem Erdbeben der Stärke 7,0 machten sich zahlreiche Rettungsteams aus aller Welt auf den Weg in den Karibikstaat. Ein Sprecher des US-Außenamts sagte, es seien bereits acht Rettungsteams mit insgesamt 260 Mitarbeitern vor Ort im Einsatz; 30 Länder hätten Hilfe zugesagt oder bereits geschickt, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Such- und Bergungsteams, Ärzte, Spürhunde, Medikamente und Lebensmittel schickten. Das Deutsche Rote Kreuz wollte am Freitag eine mobile Klinik nach Haiti fliegen.

Angesichts des Chaos stellten sich die USA an die Spitze der internationalen Hilfsmaßnahmen, deren Koordination die früheren US-Präsidenten Bill Clinton und George W. Bush übernahmen. US-Präsident Barack Obama sagte einen Kraftakt der USA für den Wiederaufbau zu. Für die Soforthilfe würden 100 Millionen Dollar (69 Millionen Euro) bereitgestellt. 5000 US-Soldaten bereiteten sich auf ihren Einsatz vor. Am Mittwoch hatten sich der Flugzeugträger "USS Carl Vinson" sowie Flugzeuge und Hubschrauber in Richtung Haiti in Bewegung gesetzt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon richtete einen dringenden Hilfsappell an die internationale Gemeinschaft. Die Grundversorgung mit Trinkwasser und Strom stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Zehntausende Menschen leben demnach auf der Straße, viele weitere sind immer noch unter den Trümmern eingeschlossen. Laut der britischen Kinderhilfsorganisation Save The Children sind zwei Millionen Kinder akut gefährdet, viele seien verwaist oder schwer verletzt.

Die Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) kündigte "sofortige wirtschaftliche und materielle Hilfe" an. Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellte eine Nothilfe von 100 Millionen Dollar bereit. Bereits am Vortag hatte die Weltbank eine Soforthilfe von 100 Millionen Dollar zugesagt. Das Welternährungsprogramm (WFP) sagte 15.000 Tonnen Lebensmittel zu.

(AFP/csr)
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