Trockenheit und Wind Schwere Waldbrandserie in Südeuropa - Hitze rollt auf Deutschland zu

Paris · Südeuropa leidet noch immer unter hohen Temperaturen und Trockenheit. Waldbrände machen Feuerwehr, Anwohnern und Touristen zu schaffen. Auch weitere Länder müssen sich nun auf Hitze gefasst machen.

 Dieses von der Feuerwehr der Region Gironde zur Verfügung gestellte Foto zeigt einen Feuerwehrmann bei Löscharbeiten vor einem brennenden Waldgebiet im Südwesten Frankreichs.

Dieses von der Feuerwehr der Region Gironde zur Verfügung gestellte Foto zeigt einen Feuerwehrmann bei Löscharbeiten vor einem brennenden Waldgebiet im Südwesten Frankreichs.

Foto: dpa/Uncredited

Menschen in vielen Teilen Südeuropas leiden seit Tagen unter Hitze, Dürre und verheerenden Waldbränden. Für Anfang der Woche wird auch in Deutschland eine Hitzewelle erwartet. Am Dienstag werden verbreitet Temperaturen über 35 Grad erreicht, im Westen sogar bis zu 40 Grad, wie der Deutsche Wetterdienst mitteilte. Am Mittwoch komme eine Kaltfront Deutschland, wodurch es sich im Westen etwas abkühle. Die sehr hohe Waldbrandgefahr bleibe angesichts der Trockenheit aber bestehen. In anderen Ländern Europas brennen viele Wälder bereits.

An der südfranzösischen Atlantikküste wurden in der Nacht zum Sonntag wieder Menschen vor einem großen Waldbrand in Sicherheit gebracht. Das Wiederaufflammen des Brandes auf trockenem Boden habe Campingplätze im Gebiet bei Teste-de-Buch südlich von Bordeaux erneut gefährdet, teilte die zuständige Präfektur mit. Nach Zahlen von Samstagabend mussten bereits mehr als 14 000 Menschen in dem Gebiet sowie beim nahe gelegenen Landiras wegen Waldbränden ihre Häuser oder ihren Ferienort vorsichtshalber verlassen. Die Flammen zerstörten insgesamt 10 500 Hektar Land. Bereits seit Dienstag versucht die Feuerwehr vergeblich, die Flammen in dem Gebiet in den Griff zu bekommen. Aufgrund der enormen Hitze trat das Extremwetter-Protokoll der Tour de France in Kraft. Dabei dürfen sich die Fahrer etwa vom Start weg bis zehn Kilometer vor dem Ziel verpflegen. In diversen Départements wurde die zweithöchste Wetter-Warnstufe ausgerufen.

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Foto: AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA

Während Großbritannien zum Wochenanfang einen landeseigenen Hitzerekord erwartete, plante der britische Premierminister Boris Johnson für Sonntag eine private Party auf dem luxuriösen Landsitz Chequers, wie der Nachrichtensender Sky News berichtete. Die Regierung hatte zuvor wegen des erwarteten Hitzerekords bereits den Katastrophenfall ausgerufen und eine Sitzung des nationalen Krisenstabs Cobra einberufen. Dabei hatte sich Johnson am Samstag jedoch nicht blicken lassen. Der britische Wetterdienst gab für Montag und Dienstag eine rote Wetterwarnung wegen Hitze heraus - zum ersten Mal überhaupt. Erwartet werden in großen Teilen Englands bis zu 40 Grad. Der Temperaturrekord liegt bislang bei 38,7 Grad.

In weiten Teilen Spaniens sollten die Temperaturen laut dem meteorologischen Institut Aemet auch am Sonntag auf deutlich über 40 Grad steigen. Die Zahl der Hitzetoten der vergangenen Tage in Spanien und Portugal geht nach offiziellen Angaben in die Hunderte. Bei den Opfern handele es sich in den meisten Fällen um Menschen, die wegen ihres hohen Alters oder einer Vorerkrankung bereits geschwächt gewesen seien, schrieb die spanische Zeitung „La Vanguardia“. Am Freitag sei allerdings auch ein 60-jähriger Mitarbeiter der Straßenreinigung plötzlich zusammengebrochen.

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Foto: dpa/Matias Basualdo

Erst ab Montag könnte es eine leichte Abkühlung auf Werte um die 35 Grad in Spanien geben. Ähnlich ist die Lage in Portugal. Aber die vielen Waldbrände werden durch den leichten Rückgang der Temperatur noch lange nicht gestoppt. Viel zu ausgedörrt sind die Wälder, knochentrocken nach einem regenarmen Winter und Frühjahr. Zudem gibt es viele harzreiche Nadelbäume, deren Flammen mit unglaublicher Hitze als Feuersäulen hoch in den Himmel schlagen.

In den ländlichen Regionen der beiden Länder mussten Tausende Menschen wegen herannahender Flammen ihre Häuser und Bauernhöfe fluchtartig verlassen, manche schon vor Tagen. „Mir sind 130 Bienenstöcke verbrannt“, klagte ein Bauer in der Region Caceres dem staatlichen spanischen TV-Sender RTVE. Ein anderer berichtete vom Feuertod seiner 40 Schafe und seines Pferdes, weitere davon, dass ihr Vieh verdurste, weil sie nicht zu ihren Höfen dürften. Welche Schäden die Brände in Naturschutzparks und unter Wildtieren anrichten, ist kaum abzuschätzen. Pausenlos sind tausende Brandbekämpfer im Einsatz. Wie gefährlich das ist, zeigte der Absturz einer einmotorigen Maschine in Portugal am Freitag, bei dem der Pilot ums Leben kam.

In Griechenland wurden von Samstag auf Sonntag binnen 24 Stunden 119 Waldbrände registriert. Die meisten Brände werden recht schnell gelöscht, manche wachsen sich jedoch zu Großbränden aus. So schwelte am Sonntag auf Kreta südlich der Hafenstadt Rethymno weiterhin ein Brand, der bereits am Freitag ausgebrochen war und zwischendurch Dörfer bedrohte, die evakuiert werden mussten. Zwar sei dieser Brand mittlerweile unter Kontrolle, die Glut verstecke sich jedoch „sehr geschickt“ im Boden, berichtete am Sonntag die Zeitung „Kathimerini“. Schwierigkeiten bereiten vor allem die bisweilen starken Winde, die um diese Jahreszeit in der Ägäis wehen - sie können ein fast ersticktes Feuer im Nu wieder anheizen und vorantreiben. Die griechische Feuerwehr schätzt das Risiko für Waldbrände in vielen Teilen Griechenlands weiterhin als „sehr hoch“ ein.

Auch in Italien haben die Feuerwehren an mehreren Orten wieder gegen Waldbrände gekämpft. Italien erlebt seit Wochen eine extreme Dürre, die die Flammen begünstigt. In Bibione ist nach dem ausgedehnten Wald- und Buschbrand am Strand die Lage wieder unter Kontrolle.

In Deutschland schlagen Landespolitiker wegen der Trockenheit Alarm. „Das, was wir jetzt erleben, gibt nur einen kleinen Vorgeschmack darauf, mit welchen Herausforderungen wir es in Folge des Klimawandels noch zu tun bekommen werden“, sagte der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) dem „Handelsblatt“. Man müsse anders mit der kostbaren Ressource Wasser umgehen. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte: „Heute leiten wir einen Großteil unseres geklärten Abwassers in Flüsse ab, das dann in Richtung Nord- und Ostsee abfließt. Dabei müssten wir es eigentlich in der Region halten.“ Lies mahnte, die Folgen des Klimawandels „werden uns als Volkswirtschaft viele Milliarden kosten.“ Derzeit sehe man nur „die kurzfristigen Folgen, in denen in einigen Regionen Deutschlands mittlerweile seit Wochen die Niederschläge fehlen“.

Der Präsident von Deutschlands Landkreisen, Reinhard Sager, fordert seine Kollegen dazu auf, mehr zu tun, um die Widerstandsfähigkeit der Natur gegen die Folgen der Erderwärmung zu stärken. „Renaturierung, Wiedervernässung der Moore, weniger Bodenversiegelung: All das gehört auf die Agenda, auch auf kommunaler Ebene“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

(felt/zim/dpa)
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