In einem offiziellen Dokument Vatikan lehnt „Gender-Theorie“ ab

Rom · Der Papst hat bereits bereits mehrfach betont, dass der Mensch sein Geschlecht nicht wählen könne. Diese Meinung untermauert jetzt das Dokument. Demnach sollen Eltern, Lehrer und Geistliche eine „umsichtige sexuelle Aufklärung“ gewährleisten.

 Der Papst deutet während eines Gesprächs mit Journalisten im Flugzeug mit dem Finger.

Der Papst deutet während eines Gesprächs mit Journalisten im Flugzeug mit dem Finger.

Foto: dpa/Andrew Medichini

Der Vatikan hat sich offiziell gegen eine „Gender-Theorie“ ausgesprochen, nach der Menschen ihr Geschlecht wählen oder ändern können. Fließende Grenzen zwischen Geschlechtern seien ein Symptom eines „konfusen Konzepts der Freiheit“ und „momentaner Sehnsüchte“, die für die postmoderne Kultur typisch seien, hieß es in einem am Montag veröffentlichten Dokument der Kongregation für das katholische Bildungswesen.

Sie beklagte in dem Text mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf Er sie“ zudem einen „Bildungsnotstand“ bei der sexuellen Aufklärung. Von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender unter Katholiken kam prompt scharfe Kritik.

Papst Franziskus hat zwar wiederholt die Haltung vertreten, dass Menschen ihr Geschlecht nicht wählen könnten. Doch unternimmt der Vatikan mit dem jüngsten Dokument nun den Versuch, die erstmals 2012 von seinem Vorgänger Benedikt XVI. in einer Rede formulierte Position in einem umfassenden, offiziellen Dokument festzuschreiben.

Die Schrift richtet sich an katholische Lehrer, Eltern, Schüler und Geistliche. Darin wird für einen „Pfad des Dialogs“ und für ein Zuhören in Fragen der „Gender-Theorie“ geworben. Zugleich müssten Familien, Schulen und die Gesellschaft eine „neue Allianz“ schmieden, um eine „positive und umsichtige sexuelle Aufklärung“ in katholischen Schulen anzubieten. Ziel sei, dass Kinder von der „vollständigen, ursprünglichen Wahrheit über Männlichkeit und Weiblichkeit“ erführen.

Begriffe wie „Transgender“ und „Intersex“ lehnt die Kongregation für Bildungswesen in ihrem Dokument ab. Vielmehr bestehe der Zweck der biologischen Ergänzung von männlichen und weiblichen Sexualorganen in der Sicherstellung der Fortpflanzung.

Die Organisation New Ways Ministry, die sich für Homo- und Bisexuelle sowie Transgender in der Kirche engagiert, warnte vor einem Schüren von Vorurteilen und Gewalt gegen die Minderheiten.

Der Text sorge zudem bei Personen, die ihre Geschlechteridentität oder sexuelle Orientierung infrage stellten, nur für weitere Verwirrung. Bei ihnen werde das Risiko erhöht, dass sie sich Schaden zufügten.

Francis DeBernardo, der Chef von New Ways Ministry, bezeichnete das im Vatikandokument befürwortete Konzept der „Komplementarität“ von Mann und Frau zudem als veraltet und fehlgeleitet. Es vernachlässige aktuelle Forschung über Faktoren, die über die Genitalien eines Menschen hinausgingen.

„Geschlecht wird biologisch auch von Genen, Hormonen und Neurochemie bestimmt – Dinge, die bei der Geburt nicht sichtbar sind“, schrieb DeBernardo. „Menschen wählen ihr Geschlecht nicht, wie es der Vatikan behauptet, sie entdecken es durch ihre erlebten Erfahrungen.“

Die katholische Kirche sollte vielmehr zu diesem Entdeckungsprozess ermuntern. Denn es sei „ein Prozess, durch den Einzelpersonen die wunderbare Weise erkennen, auf die Gott sie erschaffen hat.“

(jms/dpa)
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