Nach einjähriger Beugehaft US-Whistleblowerin Chelsea Manning ist wieder frei

Falls Church · Die Whistleblowerin hatte sich geweigert, bei Ermittlungen zu Wikileaks auszusagen. An ihrer Position änderten auch gut zwölf Monate Haft nichts. Erst am Mittwoch unternahm sie aber einen Selbstmordversuch.

Die frühere Wikileaks-Informantin Chelsea Manning ist nach gut einem Jahr Beugehaft wieder in Freiheit. US-Bezirksrichter Anthony Trenga ordnete am Donnerstag (Ortszeit) die Freilassung Mannings an. Die Polizei von Alexandria im US-Staat Virginia bestätigte wenig später, dass sie frei sei. Tags zuvor hatte Manning nach Angaben ihrer Anwälte im Gefängnis einen Selbstmordversuch verübt und war in ein Krankenhaus gebracht worden.

Sie hatte mit einer kurzen Unterbrechung seit dem 8. März im Gefängnis gesessen, weil sie eine Aussage vor einer sogenannten Grand Jury bei Ermittlungen zur Enthüllungsplattform Wikileaks verweigert hatte. Mit der Beugehaft sollte die ehemalige Geheimdienst-Analystin dazu gebracht worden, doch noch auszusagen. Sie beharrte aber auf ihrer Position und sagte, sie würde lieber verhungern als auszusagen. Ihre Anwälte sagten, sie seien erleichtert über die Freilassung und baten, die Privatsphäre Mannings zu respektieren.

Die Staatsanwaltschaft wollte die Freilassung zunächst nicht kommentieren. Sie hatte aber zuvor mitgeteilt, dass die Grand Jury, die feststellen sollte, ob im Fall Wikileaks eine weitere Anklage gerechtfertigt ist, aufgelöst worden sei. Das legt nahe, dass auch die Anklage keine Chance mehr sah, Manning noch umzustimmen. Theoretisch hätte sie bis zum Ablauf des Mandats der Geschworenenjury noch sechs weitere Monate in Beugehaft bleiben können. Danach wäre zusätzlich die Berufung einer neuen Grand Jury möglich, die Manning wieder vorladen hätte können - mit einer weiteren Beugehaft als wahrscheinliche Folge.

Nach US-Recht darf eine widerspenstige Zeugin oder ein Zeuge aber nur so lange festgehalten werden, solange es eine glaubhafte Möglichkeit gibt, dass die Person doch noch aussagt.

Richter Trenga urteilte, dass Manning weiterhin die wegen Missachtung des Gerichts verhängte tägliche Geldstrafe zahlen müsse. Die Summe ist seit ihrer zweiten Inhaftierung im Mai 2019 mittlerweile auf 256 000 Dollar angewachsen.

Die Ex-Geheimdienstanalystin hatte bereits sieben Jahre im Gefängnis verbracht, weil sie damals noch als Bradley Manning Wikileaks geheime Regierungsdokumente zugespielt hatte. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama verkürzte ihre eigentlich 35-jährige Haftstrafe 2017 und sie kam frei.

Die Grand Jury in Alexandria hat bereits eine Anklage gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange erlassen, der in Großbritannien gegen seine Auslieferung kämpft. Manning argumentierte deshalb, dass ihre Aussage auch gar nicht mehr nötig sei. Solche Geschworenenjurys bringen aber immer wieder auch zusätzliche Anklagepunkte vor, die dann hinzugefügt werden.

(kron/dpa)
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