"Whistleblower" wegen Spionage angeklagt USA stellen Strafanzeige gegen Snowden

Washington · Das US-Justizministerium hat gegen den früheren Geheimdienstmitarbeiter und Enthüller des Skandals um großangelegte Datenspionage der USA, Edward Snowden, Strafanzeige wegen Spionage und Diebstahls von Staatseigentum gestellt.

Berühmte "Whistleblower" der jüngeren Geschichte
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Foto: dpa

Damit drohen Snowden, der sich nach seinen Enthüllungen in der Presse nach Hongkong abgesetzt hatte und sich dort vermutlich weiter aufhält, bis zu zehn Jahre Haft. Mit der Anzeige gegen den "Whistleblower", der zwei streng geheime Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA von Telefon- und Internetdaten enthüllt hatte, untermauert die US-Regierung auch ihre Auslieferungsbestrebungen gegenüber Hongkong.

Das halbautonome Hongkong äußerte sich am Samstagmorgen zunächst nicht zu einem möglichen Auslieferungsgesuch der USA. Ein Hongkonger Abgeordneter, Leung Kwok Hung, sagte jedoch, China sollte Hongkong anweisen, Snowden vor einer Auslieferung zu schützen. Einige Politiker meinten hingegen, die Entscheidung darüber solle die chinesische Regierung treffen.

Auch Briten spähen im großen Stil

Unterdessen enthüllte die britische Zeitung "The Guardian" auf Basis der von Snowden zugespielten Dokumenten, dass der britische Abhördienst GCHQ sogar noch mehr Daten gesammelt haben soll als der US-amerikanische Geheimdienst NSA. Unter Berufung auf interne Dokumente der Behörde schrieb das Blatt am Freitag, der GCHQ spähe den Internetverkehr aus, der über das Glasfasernetz läuft. Für die Überwachung und Analyse von über 200 Glasfaserverbindungen laufenden Daten setze das GCHQ 500 Mitarbeiter ein. 95 Prozent des internationalen Online-Datenverkehrs läuft über das Glasfasernetz.

Die Dokumente wurden dem "Guardian" von Snowden, einem ehemaligen NSA-Mitarbeiter zugespielt. Daraus gehe hervor, dass Großbritannien von den sogenannten Fünf Augen - der Spionageallianz, der die USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland angehören - die meisten Daten sammle.
Der "Guardian" hat mit seinen Berichten über Snowdens Enthüllungen eine internationale Debatte über die Ethik von Spionagediensten und den Schutz der Privatsphäre von Bürgern ausgelöst. Der Zeitung zufolge wertet der GCHQ stichprobenartig den Datenverkehr aus. Inzwischen gehe der Abhördienst mit 600 Millionen Telekommunikationen täglich um - wie genau, berichtete der "Guardian" aber nicht. So blieb unklar, ob der GCHQ systematisch Daten abspeichert.

Großbritanniens geografische Lage gebe dem GCHQ einen natürlichen Zugang zum transatlantischen Glasfasernetz, hieß es weiter. Bei den Stichproben werde mehr gemacht, als nur den Datenstrom in Echtzeit zu verfolgen; britische Behörden könnten Inhalte drei Tage speichern. Metadaten - Informationen, wer mit wem, wann, von wo und wie lange telefoniert hat - blieben 30 Tage registriert. Die Zeitung zitiert Snowden mit den Worten, die Überwachung sei nicht nur ein US-Problem. "Das Vereinigte Königreich hat einen riesigen Hund in diesem Kampf - sie (das GCHQ) sind schlimmer als die USA."

Die Strafanzeige gegen Snowden wurde bereits am 14. Juni erlassen, doch erst am Freitag von dem Bundesgericht bekanntgegeben. Sie wurde in Virginia gestellt, weil dort der Sitz von Snowdens ehemaligen Arbeitgeber Booz Allen Hamilton. Das Unternehmen hatte Aufträge des Geheimdienstes NSA ausgeführt. Snowden hat eingeräumt, Informationen über die Programme zur Internet- und Telefonüberwachung an Medien weitergegeben zu haben.

In Island gab ein Unternehmer unterdessen bekannt, ein Privatflugzeug stehe bereit, um Snowden in Hongkong abzuholen. Olafur Vignir Sigurvinsson sagte, er sei mit jemanden aus Snowdens Umgebung in Kontakt, habe aber nicht mit Snowden selbst gesprochen. Privatleute sammelten für die Bezahlung des Flugs.

"Es gibt einige Leute, die an der Redefreiheit interessiert sind und erkennen, wie wichtig es ist zu wissen, wer uns ausspäht", sagte Sigurvinsson. "Wir sind Leute, denen die Privatsphäre wichtig ist." Die isländische Regierung teilte unterdessen mit, sie habe noch keinen Asylantrag Snowdens erhalten.

(ap/felt)
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