In der Nähe von Washington Fünf Menschen in US-Zeitungsredaktion erschossen

Annapolis · In einem Zeitungshaus in Annapolis nahe Washington fallen Schüsse - mehrere Menschen werden getötet. Ein Verdächtiger wird festgenommen. Er soll sich seine Opfer gezielt ausgesucht haben. Vor der Bluttat gab es Drohungen gegen die „Capital Gazette.“

Menschen verlassen das Redaktionsgebäude der „Capital Gazette“ (Standbild aus einem Video).

Menschen verlassen das Redaktionsgebäude der „Capital Gazette“ (Standbild aus einem Video).

Foto: dpa/Uncredited

Ein mit einer Schrotflinte bewaffneter Mann hat in einer Zeitungsredaktion in Annapolis im US-Staat Maryland fünf Mitarbeiter erschossen. Die Polizei stürmte das Gebäude und nahm den Verdächtigen fest, wie die Behörden am Donnerstag mitteilten.

Demnach ging der Angreifer gezielt vor und „suchte nach seinen Opfern“. Der Bluttat waren in sozialen Medien gepostete Drohungen gegen die Zeitung „The Capital Gazette“ vorausgegangen. Ob eine Verbindung zum Schützen bestand, wurde noch ermittelt.

Bei dem mutmaßlichen Täter handelte es sich um einen weißen Mann Ende 30. Er versuchte offenbar seine Identifizierung durch die Polizei zu verhindern, indem er sich die Finger verstümmelte, wie Ermittler bekannt gaben. Trotz der Aktion habe der Verdächtige aber dank einer Technologie zur Gesichtserkennung identifiziert werden können. Dieser wohne in Maryland, sagte der Polizeichef des Bezirks Anne Arundel County, Bill Krampf. Die Polizei habe für dessen Haus einen Durchsuchungsbefehl beantragt.

Ein Reporter der „Capital Gazette“ twitterte, ein Mann habe durch die Glastür des Büros geschossen und dann auf Mitarbeiter gezielt. Der Redakteur Phil Davis schrieb, mehrere Menschen seien von den Kugeln getroffen worden, „einige sind tot“.

Polizeisprecher Ryan Frashure sagte, Einsatzkräfte seien innerhalb von 60 Sekunden am Tatort gewesen und hätten den mutmaßlichen Schützen ins Visier genommen. Zudem sei ein mutmaßlicher Sprengkörper im Gebäude der „Capital Gazette“ sichergestellt worden. Außerdem hatte der Mann offenbar Rauchgrananten dabei.

„Diese Person war darauf aus, reinzukommen und Leute zu erschießen“, sagte Polizeichef Krampf über den Verdächtigen. „Seine Absicht war es, Schaden anzurichten.“

Redakteur Davis, der für die „Capital Gazette“ aus dem Gerichtssaal und über Kriminalität berichtet, twitterte, nichts sei schockierender, als zu hören, wie mehrere Menschen angeschossen würden, während man sich unter seinem Schreibtisch verstecke, und dann höre, dass der Bewaffnete nachlade. Auf der Onlineseite der „Capital Gazette“ erklärte er, die Situation sei „wie in einem Kriegsgebiet“ gewesen. Es werde lange schwer sein, sie zu beschreiben.

„Ich bin ein Polizeireporter. Ich schreibe über diese Sachen - nicht unbedingt in diesem Ausmaß, aber über Schießereien und Tod, immer“, sagte er. „Aber so sehr ich auch versuche, zu beschreiben, wie traumatisierend es ist, sich unter dem Schreibtisch zu verstecken. Man weiß es nicht, bis man selbst da ist und sich hilflos fühlt.“

Nach den Schüssen war zu sehen gewesen, wie Menschen das Gebäude mit erhobenen Händen verließen und von der Polizei angehalten wurden, sich über einen Parkplatz hinweg weiter vom Geschehen zu entfernen.

US-Präsident Donald Trump wurde über den Zwischenfall informiert. Eine Sprecherin des Weißen Hauses bekundete, Gedanken und Gebeten seien bei den Betroffenen. Wenig später äußerte sich Trump via Twitter selbst. Im Gebet denke er an die Opfer und deren Familien. Er bedankte sich bei allen Ersthelfern.

Über Monate hinweg hatte es zuletzt Verbalattacken von Trump und anderen Politikern auf die Medien gegeben, die als „Fake News“ bezeichnet wurden. In einer Reaktion auf die Geschehnisse in Annapolis verschärfte die New Yorker Polizei die Sicherheitsvorkehrungen in Medienhäusern der Metropole. Im Weißen Haus sagte Regierungssprecherin Lindsay Walters: „Es gibt keinen Platz für Gewalt, und dabei bleiben wir. Gewalt wird in keiner Weise je toleriert, egal, gegen wen sie sich richtet.“

(wer/dpa/afp)
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