In Afghanistan Russland soll Kopfgeld auf US-Soldaten ausgesetzt haben

Washington · Russland soll Extremisten in Afghanistan Geld für die Tötung von US-Soldaten versprochen haben. Das Weiße Haus wusste wohl bereits 2019 von den explosiven Vorwürfen – und unternahm nichts. Politiker beider Parteien fordern Aufklärung.

 Donald Trump (M), Präsident der USA, salutiert, während US-Soldaten auf der Dover Air Force Base den Sarg eines gefallenen Kameraden tragen (Archiv).

Donald Trump (M), Präsident der USA, salutiert, während US-Soldaten auf der Dover Air Force Base den Sarg eines gefallenen Kameraden tragen (Archiv).

Foto: dpa/Steve Ruark

Ein Skandal um angebliche russische Kopfgelder für die Tötung von US-Soldaten in Afghanistan wirbelt den Wahlkampf in den Vereinigten Staaten durcheinander. Der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden warf Präsident Donald Trump einen „Verrat“ an den eigenen Truppen vor. Eine Sprecherin Trumps bekräftigte hingegen, dass der Präsident nicht über die Vorwürfe informiert worden sei. Abgeordnete beider Parteien forderten weitere Details und Konsequenzen für Russland und dessen Präsident Wladimir Putin.

Ein Sprecher der Taliban in Afghanistan teilte am Dienstag mit, dass US-Außenminister Mike Pompeo und Taliban-Unterhändler Mullah Abdul Ghani Baradar wenige Stunden zuvor telefoniert hätten. Ob dabei auch das angebliche Kopfgeld zur Sprache gekommen war, sagte er nicht.

Als erstes hatte am Wochenende die „New York Times“ berichtet, dass Russland nach Einschätzung von US-Geheimdiensten Kämpfern der Taliban und des mit ihnen verbündeten Hakkani-Netzwerks Geld für die Tötung von US-Soldaten angeboten haben soll. Gewährsleute bestätigten das auch der Nachrichtenagentur AP und berichteten, dass das Weiße Haus schon Anfang 2019 darüber informiert worden sei, was eine Sprecherin bestritt. Der Kreml tat die Berichte als „Lügen“ ab. Auch die Taliban dementierten.

Am Montag wurden republikanische Abgeordnete von der Trump-Regierung und Geheimdienstdirektor John Ratcliffe über den Sachverhalt informiert, am Dienstag sollten Demokraten folgen. Die ranghohen Republikaner Michael McCaul und Adam Kinzinger sagten, sollte sich der Sachverhalt bei einer Prüfung durch die Geheimdienste bestätigen, müsse die Putin-Regierung zur Rechenschaft gezogen werden.

Dass Russland in Afghanistan mitmischt, ist an sich nichts Neues. Doch Kopfgelder für die Tötung von US-Soldaten würden eine neue Stufe der Eskalation darstellen. Dass Trumps Regierung dennoch nichts unternommen haben soll, nahm Biden zum Anlass für eine Frontalattacke gegen den Präsidenten. Trump habe viel zu erklären, sagte Biden am Dienstag in Wilmington. Falls die Berichte auch nur entfernt zuträfen und Trump nichts unternommen habe, „dann sollte die Öffentlichkeit unabhängig von meiner Kandidatur zu dem Schluss kommen, dass dieser Mann nicht geeignet ist für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten“.

Unter anderem untersuchten Geheimdienste, ob der Tod von drei US-Soldaten bei einem Anschlag im April 2019 mit den Kopfgeldern in Zusammenhang gestanden habe, verlautete aus informierten Kreisen. Als möglicher Hinweis auf solche Zahlungen wurde demnach die Tatsache gewertet, dass bei einem Einsatz einer US-Spezialeinheit in einem Taliban-Außenposten in diesem Jahr rund 500 000 Dollar gefunden worden seien.

Besonders heikel sind die Vorwürfe auch deshalb, weil die Taliban und die USA zeitgleich über ein Friedensabkommen verhandelten, das Ende Februar unterzeichnet wurde. Um dessen Umsetzung sei es auch in der Videokonferenz zwischen Pompeo und Taliban-Unterhändler Baradar gegangen, sagte der Taliban-Sprecher. Nächster Meilenstein im Friedensprozess sind Gespräche zwischen den Extremisten und der politischen Führung in Kabul über eine Nachkriegsordnung in Afghanistan, die irgendwann im Juli beginnen sollen.

(kron/)
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