Nach Tod von George Floyd Weitere Krawallnacht in den USA

Washington/Minneapolis · Der Tod des Afroamerikaners bei einem brutalen Polizeieinsatz lässt die USA nicht zur Ruhe kommen. Kaum eine große Stadt des Landes, in der es nicht zu Protesten und Krawallen kommt. Sogar unmittelbar vor dem Weißen Haus wird randaliert.

Proteste nach Tod von George Floyd: Demonstranten zünden Polizeiwache an
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Demonstranten zünden Polizeiwoche in Minneapolis an

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Foto: dpa/John Minchillo

Die Proteste und Krawalle nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz erfassen immer mehr Städte in den USA. Verkohlte Autos, eingeschlagene Fenster, mit Scherben übersäte Bürgersteige prägten am Sonntag das Straßenbild in New York oder Reno, in Fargo und sogar in der Gegend rund um das Weiße Haus. Nach Zählung der Nachrichtenagentur AP wurden von Donnerstag bis Sonntag in 22 Städten der USA fast 1700 Personen festgenommen, fast ein Drittel davon allein in Los Angeles, wo der Gouverneur den Notstand ausgerufen und die Nationalgarde mobilisiert hat.

Die meisten der Zehntausenden Demonstranten marschierten friedlich durch die Straßen, empört über den Tod Floyds, dem ein Polizeibeamter in Minneapolis am Montag so lange das Knie auf den Hals gedrückt hatte, bis er nicht mehr atmete und starb. Viele der Kundgebungen endeten auch Samstagnacht wieder mit Unruhen. Autos und Läden wurden in Brand gesteckt, es wurden Geschäfte geplündert und es kam zu Straßenschlachten zwischen Randalierern und der Polizei.

An viele Gebäude wurde der Schriftzug „I can't breathe“ („Ich kann nicht atmen“) gesprüht, die letzten Worte Floyds, die zu einer Art Schlachtruf bei den Protesten geworden sind. Am Sonntag weiteten sich die Proteste sogar auf Europa aus. Am Trafalgar Square in London kamen trotz geltender Corona-Beschränkungen Tausende zusammen, um ihre Unterstützung für die Demonstranten in den USA zu bekunden.

„Wir sind es leid. Die Polizisten sind außer Kontrolle“, sagte Demonstrantin Olga Hall in Washington. Es habe einfach in den vergangenen Jahren zu viele tote Schwarze gegeben. Sie bezog sich auf Fälle wie Trayvon Martin, Michael Brown und Eric Garner, deren Tötung durch Weiße die Protestbewegung „Black Lives Matter“ („Schwarze Leben zählen“) ins Leben gerufen hatte.

Durch den Tod von Floyd brach sich der Zorn vieler Schwarzer nun wieder mit ungeahnter Wucht Bahn. Das Ausmaß der Proteste, die fast jeden Winkel der USA erreichten, wurde bereits mit jenen der Bürgerrechtsbewegung oder gegen den Vietnam-Krieg verglichen, die nächtelangen Unruhen weckten Erinnerungen an jene in Los Angeles 1992 nach dem Freispruch von vier Polizeibeamten im Fall des misshandelten Schwarzen Rodney King. Damals kamen mehr als 60 Menschen ums Leben, über 2000 wurden verletzt.

Von solchen Opferzahlen sind die USA noch weit entfernt, doch die Krawalle sind diesmal auf viel mehr Städte verteilt. In Detroit und Minneapolis, wo die Proteste begonnen hatten, kamen Menschen ums Leben, aus Indianapolis wurden mehrere Schießereien im Umfeld der Proteste mit mindestens zwei Toten gemeldet.

Nach mehreren Krawallnächten, in denen unter anderem ein Polizeirevier in Brand gesteckt worden war, lösten Polizei und Nationalgarde am Samstagabend in Minneapolis die Demonstrationen auf, als dort eine nächtliche Ausgangssperre in Kraft trat. Präsident Donald Trump begrüßte die härtere Gangart. Die Nationalgarde habe „den Job erledigt, den der demokratische Bürgermeister nicht geschafft habe. „Hätte schon vor zwei Tagen eingesetzt werden sollen“, twitterte er. „Keine Spielchen.“

Der voraussichtliche demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden erklärte, er stehe hinter der „gerechten Sache“ der Proteste, Zerstörung und Gewalt dürften diese aber nicht verdrängen.

Am Sonntag begannen Arbeiter damit, eingeschlagene Fenster nahe dem Weißen Haus zu reparieren. Auf die Wände waren auch Anti-Trump-Parolen gesprüht. Beschädigt wurde unter anderem das Ministerium für Veteranenangelegenheiten, direkt gegenüber dem Weißen Haus.

Doch auch weit weg von den Machtzentren des Landes kam es zu Unruhen. In Reno in Nevada legten Demonstranten im Rathaus Feuer, in Fargo in North Dakota feuerte die Polizei Tränengas auf steinewerfende Demonstranten, in Salt Lake City in Utah warfen Demonstranten ein Polizeiauto um und steckten es in Brand. In Ferguson in Missouri, wo der Schwarze Michael Brown 2014 von einem weißen Polizisten erschossen worden war, wurden sechs Polizisten verletzt, als sie mit Steinen und Feuerwerkskörpern beschossen wurden. In mehr als einem Dutzend Städten im Land wurden nächtliche Ausgangssperren verhängt.

(kron/dpa)
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