Menschenrechtsverletzungen Unabhängiges Gremium wirft China Völkermord an Uiguren vor

London · Erzwungene Geburtenkontrolle und Sterilisierungsmaßnahmen zielten darauf ab, die Bevölkerungszahl der Volksgruppe zu verringern. Mehr als ein Jahr lang wertete das Tribunal Zeugenaussagen und Dokumente aus. Der Missbrauch sei Teil einer umfassenden Politik.

Geoffrey Nice, Vorsitzender des Uiguren-Tribunals, verkündet das Urteil des unabhängigen Gremiums.

Geoffrey Nice, Vorsitzender des Uiguren-Tribunals, verkündet das Urteil des unabhängigen Gremiums.

Foto: dpa/Alberto Pezzali

Ein unabhängiges Gremium zur Untersuchung der Lage der Uiguren hat der chinesischen Regierung Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Geoffrey Nice, der Vorsitzende des Tribunals, erklärte am Donnerstag, die Gruppe sehe sich bestätigt, dass erzwungene Geburtenkontrolle und Sterilisierungsmaßnahmen gegen die Uiguren in Chinas westlicher Provinz Xinjiang darauf abzielten, die Bevölkerungszahl der Volksgruppe zu verringern. Der Missbrauch sei Teil einer umfassenden Politik. Sie stehe in direktem Zusammenhang mit Präsident Xi Jinping und den höchsten Ebenen der chinesischen Regierung.

Das inoffizielle, von einem prominenten britischen Anwalt eingerichtete Uiguren-Tribunal wertete Beweise für mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen Chinas gegenüber der Minderheit aus. Es setzt sich aus Anwälten, Akademikern und Geschäftsleuten zusammen, wird nicht von der britischen Regierung unterstützt und ist nicht befugt, China zu sanktionieren oder zu bestrafen. Die Organisatoren hoffen jedoch, dass die öffentliche Darlegung von Beweisen internationale Maßnahmen gegen die mutmaßlichen Übergriffe auf die überwiegend muslimische Volksgruppe erzwingen wird.

Die chinesische Botschaft in London reagierte nicht sofort auf Bitten um eine Stellungnahme. Außenministeriumssprecher Wang Wenbin sagte in Peking, dass es sich bei „der so genannten Zwangsarbeit und dem Völkermord in Xinjiang nur um bösartige Gerüchte handelt“. Wang reagierte damit auf eine Frage zu einem am Mittwoch vom US-Repräsentantenhaus verabschiedeten Gesetz, das Importe aus Xinjiang wegen Bedenken über Zwangsarbeit verbietet.

Das Uiguren-Tribunal hat mehr als ein Jahr lang Zeugenaussagen, Sachverständige und durchgesickerte chinesische Regierungsdokumente geprüft und ist „auf der Grundlage der öffentlich angehörten Beweise zweifelsfrei zu der Überzeugung gelangt, dass die Volksrepublik China durch die Verhängung von Maßnahmen zur Verhinderung von Geburten, mit denen ein erheblicher Teil der Uiguren in Xinjiang vernichtet werden sollte, einen Völkermord begangen hat“, führte Nice weiter aus. Es seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden, einschließlich Folter und Vergewaltigung zahlreicher Gefangener in riesigen Haftanstalten.

Nice sagte, Xi und andere hochrangige Regierungsmitglieder trügen „die Hauptverantwortung“ für die Geschehnisse in Xinjiang. „Dieser riesige Apparat staatlicher Unterdrückung könnte nicht existieren, wenn nicht ein Plan auf höchster Ebene genehmigt worden wäre“, sagte Nice.

Nach Expertenschätzungen wurden in den vergangenen Jahren mindestens eine Million Menschen - die meisten von ihnen Uiguren - in Umerziehungslagern in Xinjiang gefangen gehalten.

Die Anhörungen des Uirguren-Tribunals sind der jüngste Versuch, China für seine Politik gegenüber den Uiguren und anderen überwiegend muslimischen und türkischstämmigen Minderheiten zur Verantwortung zu ziehen. „Es ist wirklich zwingend notwendig, unsere Regierung aufzufordern, jetzt zu handeln“, sagte Helena Kennedy, Mitglied des britischen Oberhauses. „Die Beweise sind absolut eindeutig.“

(mcv/dpa)
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