Zahlreiche Explosionen Tschechien setzt Armee wegen privatem Munitionslager ein

Vlachovice · Erst eine große Explosion, dann viele kleinere: Ein privates Munitionslager sorgt in Tschechien seit Monaten für Schlagzeilen. Die Anwohner sorgen sich schon, die Regierung setzt jetzt sogar die Armee ein.

 Dieses Bild zeigt ein Lager des Kampfmittelräumdienstes in Sindelfinden, Baden-Württemberg.

Dieses Bild zeigt ein Lager des Kampfmittelräumdienstes in Sindelfinden, Baden-Württemberg.

Foto: dpa, dna bwe

Einige Tage war es ruhig geworden rund um das Munitionslager im Osten Tschechiens, doch dann gingen die Erschütterungen wieder los. "Das war nicht zu überhören", berichtet Josef Fryzelka, der nur zwei Kilometer entfernt wohnt. Seit einer ersten mächtigen Explosion im Oktober, bei der zwei Arbeiter getötet wurden, sorgt das Depot immer wieder für kleinere Schrecksekunden bei den Anwohnern.

Fryzelka stellt bereits in dritter Generation in Handarbeit Holzfässer her. Das Sortiment reicht vom Badezuber bis zum Weinfass.
Doch nun kann er nicht mehr in sein Waldstück, in dem er im Sommer noch 2000 Bäumchen gepflanzt hatte. Es liegt in der Sperrzone um das teils völlig zerstörte Lager. Granaten, Minen oder andere scharfe Munition könnten dort hingeschleudert worden sein.

Bewohner machen sich Sorgen

Vor allem ältere Menschen in dem Ort im äußersten Osten Tschechiens sind verunsichert. Er selbst habe Wehrdienst geleistet und könne die Gefahr einigermaßen einschätzen, meint Handwerker Fryzelka. Aber eine ältere Nachbarin habe ihm gesagt, als sie vorübergehend in Sicherheit gebracht wurden: "Vielleicht werden wir nie wieder in unsere Häuser zurückkehren." Bewahrheitet hat sich das nicht.

Noch immer ist unklar, wie die Lage in dem Munitionslager, das die Armee an Waffenhändler vermietet hatte, derart außer Kontrolle geraten konnte. Die Polizei glaubt nicht an einen Zufall und ermittelt wegen vorsätzlicher Gefährdung der Allgemeinheit. "Wenn alles so gelagert ist, wie es sein soll, dann droht keine selbst initiierte Explosion", sagte Polizei-Sprengstoffexperte Jiri Lacnak der Nachrichtenagentur CTK.

Jagden und Autorennen beim Munitionslager

Dass in dem Munitionslager jahrelang chaotische Verhältnisse herrschten, offenbarte in dieser Woche der tschechische Verteidigungsminister Martin Stropnicky. Es hätten dort Autorennen, ja sogar Jagden stattgefunden. Die Vorstellung von schießenden Jägern inmitten eines Munitionslagers nannte der Politiker "absurd und gefährlich". Dass Menschen auf dem Areal Pilze sammelten, galt im Ort als offenes Geheimnis.

Nach Einschätzung von Regierungspolitikern in Prag dürfte es noch Jahre dauern, bis das Gelände in Vlachovice von Munitionsresten und Granatsplittern befreit ist. 450 Soldaten sind abkommandiert, um es rund um die Uhr zu bewachen. Immer drängender stellen Medien und Opposition in Prag die Frage, wie es um die Sicherheit in den übrigen Munitionslagern des Nato-Landes steht.

Dabei wurde bekannt, dass die Armee des Nato-Landes zur Bewachung ihrer Munitionslager längst auch private Sicherheitskräfte einsetzt. Seit Abschaffung der Wehrpflicht stehe schlicht nicht ausreichend Personal zur Verfügung, hieß es zur Begründung. Die Militärpolizei sei aber in geringerer Stärke weiter vor Ort.

In Vlachovice werden derweil Unterschriften für eine Petition gesammelt. Sie fordert die endgültige Schließung des Munitionslagers.
Küfer Josef Fryzelka sagt, er habe erst eine Vorstellung bekommen, was Menschen in Kriegsregionen wie Syrien oder der Ukraine erleiden müssten. "Dagegen ist das bei uns nichts", sagt er und fügt hinzu: "Es sind unnötige Sorgen, die man in der Vorweihnachtszeit nicht haben möchte."

(dpa)
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