Löschschiffe vor Ort Total stellt sich auf Explosion an Gasplattform ein

Paris/London · Der französische Energieriese Total rüstet sich für eine Explosion an seiner Leck geschlagenen Gas-Plattform in der Nordsee. Der Konzern habe Löschschiffe an den Rand der Sicherheitszone beordert, sagte ein Total-Sprecher am Donnerstag. Noch am Vortag hatte das Unternehmen die Gefahr einer Explosion zurückgewiesen.

Löschschiffe vor Ort: Total stellt sich auf Explosion an Gasplattform ein
Foto: dpa

Nur etwa Hundert Meter vom ausströmenden, hochexplosiven Giftgas entfernt brannte weiter eine Fackel überschüssiges Gas ab. Wie das Leck geschlossen werden soll, blieb offen. "Wir bewerten derzeit noch die Lösungen", teilte der Konzern mit. Eine Entscheidung sei in einigen Tagen zu erwarten.

Leck in über 4000 Metern Tiefe

Der Ursprung des Gases liegt nach Angaben von Total in einer Gesteinsschicht in etwa 4000 Metern Tiefe. Leckgeschlagen sei eine Leitung, die bereits vor einem Jahr versiegelt worden sei, teilte eine Firmensprecherin in Aberdeen mit. Zwar tritt das Gas auf der Plattform "Elgin" selbst aus und damit über dem Wasserspiegel. Ingenieuren zufolge ist es jedoch für die Reparatur wichtig zu wissen, woher es stammt.

"Das Leck befindet sich am Kopf der Bohrung - am oberen Ende des Bohrlochs", sagte der Sprecher. "Es ist nicht unter Wasser. Es gibt kein Gas, das im Meer Blasen schlägt und es ist auch nicht giftig", sagte er. Total wolle das Problem so schnell wie möglich lösen, betonte der Sprecher. "Wir kennen jetzt das Problem", sagte er.

Die "Elgin" liegt rund 240 Kilometer vor der schottischen Küste, wo das Wasser weniger als 100 Meter tief ist. Der Sprecherin zufolge soll ein Tauchroboter den Zustand des Meeresbodens untersuchen. Die schottische Regionalregierung stuft die Umweltauswirkungen des Gaslecks bisher als gering ein. "Das Forschungsinstitut Marine Scotland beobachtet die Umweltauswirkungen weiterhin. Bisher sind sie minimal", sagte der schottische Ministerpräsident Alex Salmond im Parlament in Edinburgh. Dennoch dürfe das Problem nicht heruntergespielt werden.

Keine Gefahr für deutsche Küste

Nach Einschätzung des Kieler Meereswissenschaftlers Peter Linke dürfte das Gasleck keine Auswirkungen auf die deutsche Nordseeküste haben. "Deutsche Küstengewässer werden sehr wahrscheinlich nicht beeinträchtigt, da das Wasser Richtung Dänemark/Norwegen fließt", sagte der Wissenschaftler des "Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung" am Donnerstag in Kiel in einem dpa-Expertengespräch.

Er gehe davon aus, dass Auswirkungen auf die Umwelt durch das austretende Methan nur lokal im Bereich um das Gasleck zu befürchten seien - wenn es bei der bisherigen Situation bleibt. Im Vergleich zu anderen Methanbelastungen der Atmosphäre - etwa durch Moore oder Ausscheidungen von Wiederkäuern wie Rindern und Schafen - seien die Emissionen durch das Elgin-Leck gering.

Die Fackel an der Plattform dürfte nach Angaben des Total-Sprechers noch einige Tage brennen und dann von selbst ausgehen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger warnte in diesem Zusammenhang vor einer raschen Zunahme der Explosionsgefahr, sollten sich die derzeit günstigen Windverhältnisse ändern.

Total müsse das Leck "in den nächsten Tagen stoppen", sagte er im Deutschlandfunk. Experten von Greenpeace forderten von Total Auskunft darüber, wie viel Gas noch ausströmen könnte. "Nochmal die Frage an Total, was gedenken sie jetzt zu unternehmen, wie lange müssen wir noch mit diesem Gas rechnen, und wie viel ist überhaupt noch drin?", fragte ein Ölfachmann der Umweltorganisation.

Alle Arbeiter abgezogen

Total hatte alle 238 Arbeiter der Plattform am Sonntag in Sicherheit gebracht. Nach früheren Angaben des Konzerns könnte es bis zu sechs Monate dauern, um das Leck zu stopfen. Ingenieure weisen darauf hin, dass eine Entlastungsbohrung - eine der Lösungsansätze - Monate dauern würde, weil sie mit hoher Präzision durch vier Kilometer Gestein vorgenommen werden müsste. Eine derartig lange Reparaturzeit könnte Experten zufolge für Total Kosten von drei Milliarden Dollar bedeuten, bei einer Explosion wär mit bis zu zehn Milliarden Dollar zu rechnen. Der Börsenkurs des Konzerns ist inzwischen um etwa neun Prozent eingebrochen.

Der Vorfall weckt Erinnerungen an die Explosion der BP -Förderplattform "Deepwater Horizon" und die anschließende Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko vor knapp zwei Jahren. In Großbritannien ist auch noch das Feuer auf der "Piper Alpha" vor 24 Jahren präsent. Bei dem schlimmsten Unglück auf einer derartigen Plattform starben 167 Menschen.

(REU)
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