Nach tödlichem Schuss bei Baldwin-Dreh Die Munition ist der Schlüssel zum Rätsel

Santa Fe · Immer noch sind viele Details des Geschehens nach dem tödlichen Schuss aus einer Requisitenwaffe des Schauspielers Alec Baldwin auf die Chef-Kamerafrau am Set eines Westerns unklar. Insbesondere gibt es viele offene Fragen bezüglich der Munition.

 Polizisten und Berichterstatter vor Ort auf der Bonanza Creek Ranch.

Polizisten und Berichterstatter vor Ort auf der Bonanza Creek Ranch.

Foto: AP/Andres Leighton

Zu den genauen Umständen des Todes von Halyna Hutchins und dem fatalen Projektil gebe es offene Fragen, teilte die Polizei in Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico am Freitagabend der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Ermittler hätten den Drehort durchsucht.

Die Ermittlungen konzentrieren sich auf die Waffenmeisterin und den Regieassistenten des Filmdrehs. Die 24-jährige Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed war während des Drehs für die Unglücks-Waffe sowie zwei weitere verantwortlich, wie US-Medien am Samstag aus einem vorläufigen Untersuchungsbericht der Polizei zitierten.

Regieassistent Dave Halls hatte Baldwin demnach die Waffe während der Probe für eine Szene mit dem Hinweis gereicht, dass es sich um eine "kalte Waffe" handele. Im Filmjargon bedeutet dies, dass sie keine scharfe Munition enthält. Halls "wusste nicht, dass die Waffe mit scharfer Munition geladen war", heißt es im Polizeibericht.

Doch als der Schauspieler die Waffe am Donnerstag abfeuerte, kam es zu der Tragödie: Die 42-jährige Kamerafrau Hutchins erlitt tödliche Verletzungen, Regisseur Joel Souza (48) wurde ebenfalls getroffen und mit einer Schulterverletzung ins Krankenhaus gebracht. Er konnte aber später entlassen werden, wie US-Medien berichteten.

Unklar war auch am Freitagabend noch, um welche Art Munition es sich bei dem tödlichen Schuss handelte. „Wir haben noch keine Details zur Patrone, die in der Waffe war“, hatte der Polizeisprecher dazu der dpa erklärt.

Die Gewerkschaft IATSE schrieb laut „Los Angeles Times“ in einer Mail, dass die Waffe mit einer einzigen Patrone bestückt gewesen sei, einer „single live round“. Dieser Begriff sei eine gebräuchliche Umschreibung in der Branche, die sowohl eine scharfe als auch eine Platzpatrone beschrieben kann. Unklar war zunächst auch weiterhin, wie eine einzige Patrone beide Opfer hatte treffen können.

Laut „Los Angeles Times“ ist üblicherweise ein Requisiteur oder ein lizenzierter Waffenmeister für die am Set benutzten Waffen zuständig. Zu dessen Aufgaben gehöre auch, diese mit Platzpatronen zu laden und den Schauspielern und Regieassistenten den Umgang damit zu erklären. Scharfe Munition sei am Set verboten. Strafrechtliche Vorwürfe wurden laut Polizei bisher nicht erhoben. Der Dreh wurde vorerst eingestellt.

Auf am Samstag veröffentlichten Aufnahmen des Notrufs nach dem Unglück sagte eine Mitarbeiterin am Set: "Wir haben zwei Menschen, die versehentlich mit einer Requisitenwaffe angeschossen wurden. Wir brauchen sofort Hilfe." Auf die Frage, ob die Waffe mit echter Munition geladen gewesen sei, sagte sie: "Das kann ich Ihnen nicht sagen." Sie beschimpfte jedoch den Regieassistenten und erklärte: "Dieses Arschloch von Regieassistent, der mich beim Mittagessen angeschrien hat ... Er sollte die Waffen kontrollieren, er ist verantwortlich für das, was am Set passiert."

Gutierrez-Reed ist die Tochter des langjährigen Hollywood-Waffenmeisters Thell Reed. Die 24-Jährige hatte sich in einem Podcast im September über ihren ersten Filmauftrag für den Western "The Old Way" mit Nicolas Cage geäußert. "Ich war anfangs wirklich nervös und hätte den Job beinahe nicht angenommen, weil ich nicht sicher war, ob ich bereit bin. Aber als ich ihn machte, lief alles glatt", sagte sie.

„Es gibt keine Worte, um den Schock und die Trauer auszudrücken angesichts des tragischen Unfalls, der das Leben von Halyna Hutchins beendet hat“, schrieb Baldwin am Freitag auf Twitter. Sie sei „Ehefrau, Mutter und zutiefst bewunderte Kollegin von uns“ gewesen.

„Ich kooperiere vollkommen mit der polizeilichen Untersuchung, um herauszufinden, wie diese Tragödie geschehen konnte“, fügte der Hollywood- und TV-Star hinzu. „Und ich stehe in Kontakt mit ihrem Ehemann, um ihm und seiner Familie meine Unterstützung anzubieten.“ Der Gedanke an „ihren Ehemann, ihren Sohn und all diejenigen, die Halyna kannten und liebten“, breche ihm das Herz.

Laut einem weiteren Bericht der „Los Angeles Times“ vom Freitag sollen sich Mitarbeiter am Set über mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und schlechte Bedingungen wie lange Arbeitszeiten beschwert haben. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, mehrere Mitarbeiter der Kamera-Crew hätten wenige Stunden vor dem tödlichen Vorfall aus Protest gegen die Arbeitsbedingungen den Drehort verlassen. Die in Hollywood üblichen Sicherheitsprotokolle seien nicht strikt befolgt worden, hieß es.

Die Dreharbeiten zu dem Low-Budget-Western „Rust“, bei dem Baldwin auch als Produzent mitwirkte, hatten Anfang Oktober auf der Bonanza Creek Ranch begonnen.

(felt/dpa)
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