Tierschützer sind entsetzt Australien erlaubt die Jagd auf den Weißen Hai

Sydney · Tierschutz sieht anders aus: Nach sieben tödlichen Angriffen innerhalb von drei Jahren an der Westküste Australiens hat die Regierung grünes Licht für die Jagd auf Haie gegeben. Betroffen ist dabei auch der als gefährdet eingestufte Weiße Hai. Eine vorübergehende Ausnahmegenehmigung erlaubt nun auch seine Tötung.

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Foto: Pexels.com / adiprayogo liemena

Doch auch Tiger- und Bullenhaie, die größer als drei Meter sind, stehen auf der Abschussliste. An acht beliebten Stränden sollen einen Kilometer vor der Küste Köder ausgeworfen werden. Beißen die Fische an und werden gefangen, droht ihnen der Abschuss. Die toten Tiere sollen anschließend wieder ins Wasser geworfen werden.

"Ich weiß, dass viele Australier im Westen, die den Ozean lieben, einen besseren Schutz vor gefährlichen Haien an diesen Stränden wollen", sagte jüngst der Ministerpräsident von Western Australia, Colin Barnett. Barnett meint auch für Taucher, Surfer, Schwimmer und Familien an der Küste zu sprechen - unter diesen sind jedoch viele, die entsetzt sind über das Vorgehen der Behörden.

"Wir sind vorbereitet, zu tun, was immer auch nötig ist, um diese Jagd auf friedliche Weise zu stoppen", sagt Simon Peterffy von der Marine Response Unit, einer Aktivistengruppe, die sich gegen die Raubfischjagd engagiert. "Sollte es dort draußen irgendein Tier geben, dass der Hilfe bedarf, werden wir vor Ort sein und es befreien."

Umweltschützer wollen eingreifen

Peterffy, ein Veteran unter den Umweltschützern, der auch schon im Gefängnis saß wegen seines Kampfes gegen die Abholzung von Wäldern, ist nach eigener Aussage überwältigt von der Unterstützung, die er für sein Engagement gegen die Haijagd erfahren hat.

"Wir haben rund 20 Skipper mit eigenen Booten, die Teil einer Flotte sind und alles in ihrer Macht stehende tun werden, um die gefangenen Tiere zu befreien", sagt Peterffy. Einen ersten kleinen Erfolg haben die Tierschützer bereits errungen. Die von der Regierung beauftragten Unternehmen, die die Leinen samt Köder ausbringen sollten, schmissen den Job. Nun werden die zuständigen Behörden selbst alle Vorbereitungen für die große Hatz in die Hand nehmen.

Die Tierschützer dürfen sich mittlerweile über internationale Unterstützung freuen, etwa durch den britischen Komiker und Fernsehstar Ricky Gervais oder dessen Landsmann Richard Branson. Die Aufhebung des Schutzes für Haie "sollte auf der ganzen Welt verurteilt werden", fordert der Unternehmer.

Zweifel am Sinn der Tötung

Tatsächlich gibt es Zweifel, ob der von den australischen Behörden eingeschlagene Weg wirklich zum Erfolg führt. So gibt es Studien eines US-Programms zu Haitötungen, die vor etlichen Jahren vor Hawaii stattfanden. Diesen Ergebnissen zufolge gab es dort trotz der Keulung von rund 4500 Haien keine Veränderung bei der Zahl der Angriffe auf Menschen.

"Weiße Haie und Tigerhaie sind beide überaus mobile Arten. Eine begrenzte Tötung würde daher wahrscheinlich keine nachweisbare Veränderung erbringen hinsichtlich des ohnehin schon geringen Risikos, von ihnen gebissen zu werden", sagte der Meeresbiologe Carl Meyer von der Universität Hawaii jüngst im australischen Fernsehen.

Tierschützer Petterfy weist noch auf ein weiteres Problem hin. "Es geht nicht darum, dass die Leute nicht wollen, dass Haiangriffe gestoppt werden. Aber diese riesigen Fleischköder vor der Küste können das Risiko eines Angriffs möglicherweise erhöhen." So könnten große Fischschwärme angelockt werden, die wiederum von Haien verfolgt würden.

Auch der Schwimmer Damon Kendrick spricht sich gegen die geplante Jagd vor der Küste Western Australias aus. Sein Wort hat insofern Gewicht, weil er einst als 14-Jähriger beim Angriff eines Bullenhais einen Teil seines rechten Beins verlor. Kendrick ist der Ansicht, dass man nicht in die natürliche Ordnung des Meeres eingreifen dürfe.

"Ich habe nie dem Hai die Schuld gegeben", erzählt der junge Mann heute. "Damals ist die Population der Bullenhaie geradezu explodiert. Ein Grund war, dass zu jener Zeit aktiv Jagd auf Weiße Haie gemacht wurde. Dadurch, dass der größte Raubfisch quasi aus dem Rennen genommen wurde, entstand ein Vakuum. Dieses hat der Bullenhai dann gefüllt."

Attacken sind selten

Die Gefahr eines tödlichen Hai-Angriffes ist für Menschen sehr gering. 2012 wurden laut der Statistik International Shark Attack File (ISAF) weltweit 80 unprovozierte Attacken der Raubfische auf Schwimmer oder Surfer registriert (2011: 78). Davon endeten 7 (2011: 13) tödlich. In den USA gab es 2012 ein Todesopfer bei 53 Angriffen, darunter 26 in Florida und 10 in Hawaii. Der Umweltstiftung WWF zufolge werden jährlich bis zu 100 Millionen Haie gefangen - sie enden als Speisefisch oder als Beifang in Netzen. Das Fleisch des Dornhais wird zu Schillerlocken. Flossen landen in Suppen, Hai-Leber wird zu Lebertran. Diverse Hai-Arten sind vom Aussterben bedroht.

Der Hai ist "kein Monster"

Der Weiße Hai ist der größte Raubfisch der Meere. Man findet ihn vor allem dort, wo es seine fettreiche Lieblingsspeise gibt: in der Nähe größerer Kolonien von Seelöwen, Seehunden oder Seeelefanten - also zum Beispiel in den Gewässern vor Südafrika, Australien und Kalifornien. Aber auch im Mittelmeer kommt er vor.

Wissenschaftler betonen, dass der Weiße Hai kein Monster ist. Attacken auf Menschen sind selten. Surfer sind gefährdet, weil ihre Konturen im Wasser Robben ähneln. Der einzige bekannte natürliche Feind des Weißen Hais ist der große Schwertwal.

Dezimiert werden die Bestände vor allem vom Menschen: Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) ist der gefährdete Raubfisch spätestens seit dem Erfolg des Kinofilms "Der Weiße Hai" in den 70er Jahren eine begehrte Trophäe bei Sportfischern. Zähne und Kiefer erzielen demnach hohe Preise.

(dpa)
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