Havariertes Atomkraftwerk in Japan Tepco will Fukushima-Opfer entschädigen

Tokio (RP/RPO). Die japanische Regierung warnt vor katastrophalen Folgen, wenn weiterhin radioaktiv strahlende Substanzen aus dem schwer beschädigten Atomkraftwerk Fukushima ins offene Meer strömen. Betreiber Tepco ließ am Dienstag weiter verseuchtes Wasser in den Pazifik pumpen. Den Betroffenen in der Region um Fukushima hat der Konzern finanzielle Hilfen zugesagt.

Fukushima 1 - das zerstörte Atomkraftwerk
21 Bilder

Fukushima 1 - das zerstörte Atomkraftwerk

21 Bilder

Der Betreiber des havarierten Atomkraftwerkes in Japan, Tokyo Electric Power (Tepco), hat angekündigt, die örtlichen Behörden für die radioaktive Verstrahlung und Evakuierungen zu entschädigen. Das Geld soll den betroffenen Menschen zu Gute kommen. Zuerst sollen offenbar Arztkosten und Einkommensausfälle bezahlt werden.

Der Konzern erklärte am Dienstag zwar, noch sei weder über die Höhe entschieden, noch darüber welche und wie viele Kommunen mit Geldern rechnen könnten. Doch in Tokio sorgten diese Nachricht und die anhaltenden Probleme im AKW Fukushima für ein Rekordtief der Tepco-Aktie, das auch die Börse ins Minus zog. Über die Höhe der Gelder soll mit der Regierung beraten werden, die die Zahlungen angeordnet hat.

Wie der österreichische Standard online berichtet, hat Tepco bereits damit begonnen, betroffenen Gemeinden jeweils 170.000 Euro zu zahlen. Die Gemeinde Namie habe sich jedoch geweigert, das Geld anzunehmen. Sie verlange, dass Tepco sich zuerst direkt bei den Bürgern entschuldigt und ihnen Entschädigungen anbietet.

Noch am Vortag hatte Tepco wegen unzureichender Sicherheitsmaßnahmen massive Kritik vom Direktor der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) einstecken müssen. Das Unternehmen habe nicht genügend Vorsorgemaßnahmen ergriffen, sagte IAEA-Chef Yukiya Amano am Montag in Wien auf die Frage, ob die Atomkatastrophe hätte verhindert werden können.

"Leider unvermeidlich"

Derweil ließ Tepco am Dienstag weiterhin radioaktiv verstrahltes Wasser ins Meer pumpen. Die Maßnahme sei leider unvermeidlich, sagte Regierungssprecher Yukio Edano bei einer Pressekonferenz. Nur auf diese Weise könne verhindert werden, dass sich noch stärker kontaminiertes Wasser ausbreite. "Wir verklappen radioaktives Wasser, und das tut uns sehr leid", sagte Edano.

"Wir müssen die Ausbreitung in den Pazifik so bald wie möglich stoppen", hatte Regierungssprecher Yukio Edano am Vortag verlauten lassen. Der Kraftwerksbetreiber Tepco ließ schon am Montag Millionen Liter schwach radioaktives Wasser ins Meer ab, um Platz in den Reaktoren für stärker belastetes Wasser zu schaffen.

Unterdessen wurde bekannt, dass der Anteil von radioaktiven Jod im Meerwasser unweit des Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi die gesetzlichen Grenzwerte um mehrere Millionen Mal übersteigt. Am vergangenen Wochenende habe der Wert 7,5 Millionen Mal über dem Maximalwert gelegen, teilte Kraftwerksbetreiber Tepco mit. Am Montag sei der Grenzwert fünf millionenfach überschritten worden. Das radioaktive Material verteile sich jedoch zügig im Meerwasser und stelle keine unmittelbare Gefahr für die Umwelt dar, hieß es in einer Stellungnahme des Unternehmens.

Klimaschutz fraglich

Die Regierung in Tokio sieht durch die Atomkatastrophe die Klimaschutzziele des Landes infrage gestellt. Möglicherweise lasse sich die Absicht nicht verwirklichen, den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2020 um ein Viertel unter das Niveau von 1990 zu senken, erklärte das Umweltministerium. Um eine Ausnahmeregelung bei den Klimaschutzzielen will Tokio jedoch nicht fordern. In der Klimapolitik ging Japan bisher vom verstärkten Einsatz der Atomenergie aus.

Im Bemühen, das von einem Erdbeben schwer beschädigte Kraftwerk zu dekontaminieren, bat die japanische Regierung zudem Russland um die Bereitstellung eines Schiffes, das speziell für die Entsorgung atomarer Abfälle gerüstet ist.

Unter Hinweis auf stabile Strahlungswerte in der Bucht von Tokio steuern unterdessen deutsche Reedereien den Hafen der Haupstadt sowie Yokohama wieder an. Die französische Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet plädierte für Nachkontrollen an den Atomkraftwerken des Landes: "Einer der Lernpunkte aus der Fukushima-Katastrophe ist, dass die Abklingbecken große Probleme verursachen können."

(RP/RTR/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort