Auschwitz-Fahndung "Sun" spürt Nazi-Kriegsverbrecher auf

Jerusalem/Wien · Erfolgsmeldung aus dem Simon-Wiesenthal-Zentrum: Wie das Büro in Jerusalem mitteilte hat die britische Boulevardzeitung "Sun" den mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrecher László Csatáry in Ungarn aufgespürt. Der Mann ist mittlerweile 97 Jahre alt.

Den Angaben nach wurde der Gesuchte von Reportern der Zeitung in Budapest fotografiert und gefilmt. Csatáry soll für die Deportation von 15.700 Juden in das Vernichtungslager Auschwitz mitverantwortlich sein.

Die Informationen über Csatáry wurden vom Direktor des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, veröffentlicht. Zuroff sagte, die "Sun" habe sich bei ihren Recherchen auf Informationen gestützt, die vom Wiesenthal-Zentrum im September 2011 herausgegeben wurden.

Damals habe ein Informant, dem inzwischen eine Belohnung von 25.000 Dollar gezahlt worden sei, es ermöglicht, den Aufenthaltsort Csatárys zu bestimmen. Laut "The Sun" lebt der 97-Jährige in einer Zwei-Zimmer-Wohnung. "Ich habe nichts gemacht, verschwindet!", habe er zu den Reportern gesagt, bevor er die Tür zuschlug.

Zuroff hatte im Dezember auch in Berlin eine neue Kampagne zur Enttarnung und Verurteilung noch lebender NS-Verbrecher mit Hilfe örtlicher Ermittlungsbehörden vorgestellt. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum arbeitet bei der Kampagne mit der Targum-Shlishi-Stiftung in den USA zusammen. Die Kampagne soll Ermittlungsbehörden dabei unterstützen, Kriegsverbrecher in Deutschland, Österreich, Polen, Rumänien, Ungarn, Kroatien und den baltischen Staaten zu finden.

Das Wiesenthal-Zentrum übergab seine Informationen laut Zuroff auch der Staatsanwaltschaft in Budapest. Vize-Staatsanwalt Jenö Varga konnte am Sonntag zu dem Fall keine Einzelheiten mitteilen. Er sagte lediglich, eine "Untersuchung" sei im Gange, die Staatsanwaltschaft werte die "eingegangenen Informationen aus".

Das Wiesenthal-Zentrum in Wien ist nach dem 2005 gestorbenen Nazi-Jäger Simon Wiesenthal benannt. Csatáry flüchtete nach Informationen des Zentrums nach Kanada, nachdem er 1948 in der Tschechoslowakei in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war. Er soll sich als Polizeichef im Ghetto von Kosice (ungarisch: Kassa, deutsch: Kaschau) durch besondere Grausamkeit ausgezeichnet haben. In Kanada lebte er als Kunsthändler in Montréal und Toronto, bevor er von den dortigen Behörden enttarnt wurde und sich nach Ungarn absetzte.

(AFP)
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