Trotz Sicherheitsbestimmungen Studie beweifelt Schutz von Japans AKW

Tokio · Die japanischen Atomkraftwerke sind trotz verschärfter Sicherheitsbestimmungen nach der Atomkatastrophe von Fukushima womöglich nicht ausreichend gegen Erdbeben und Tsunamis geschützt. Zu diesem Schluss kommt eine von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission in ihrem am Montag vorgelegten Abschlussbericht.

Roboter liefern Bilder aus den Reaktoren
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Die sofort nach der Katastrophe vom 11. März 2011 angeordneten Maßnahmen würden zwar noch detailliert ausgearbeitet und vollständig umgesetzt, heißt es in dem von der Universität Tokio erstellten Bericht. Doch weder die Aufsichtsbehörden noch der Energiekonzern Tepco, der das AKW Fukushima II betreibt, seien auf eine gewaltige Naturkatastrophe vorbereitet. Sie hätten sich von einem "Sicherheitsmythos" einlullen lassen.

"Wir fordern die Verantwortlichen dringend auf, sich weiterhin zu bemühen und wirklich wirksame Schritte zu unternehmen", heißt es in dem Bericht. Die Regierung und die Energiekonzerne müssten eine neue Philosophie der Verhütung von Katastrophen annehmen, ungeachtet ihrer Wahrscheinlichkeit.

Das rund 240 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tokio gelegene AKW Fukushima II war im März vergangenen Jahres von einem gewaltigen Erdbeben und einem verheerenden Tsunami getroffen worden. Die Stromversorgung wurde unterbrochen, die Notstromversorgung überschwemmt. Daraufhin fiel das Kühlsystem aus, und in drei der sechs Reaktoren des AKW kam es zur Kernschmelze.

Rund 150.000 Menschen mussten vor der austretenden Radioaktivität in Sicherheit gebracht werden.

Mangelnde Kontrolle

Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass es keinen Beweis dafür gebe, dass das Erdbeben die Hauptursache der Atomkatastrophe war. Aber sein Einfluss könne auch nicht ausgeschlossen werden. Damit widersprechen die Experten dem Betreiber Tepco, der nur die Flutwelle verantwortlich macht. Die Experten werfen den Aufsichtsbehörden vor, sie hätten nicht ausreichend kontrolliert, ob die von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) empfohlenen Standards umgesetzt werden.

Ähnliche Kritik war bereits Anfang des Monats in einer anderen Studie zu dem AKW-Unglück geäußert worden. Darin hieß es, die Katastrophe von Fukushima sei vermeidbar gewesen. Sie sei das Ergebnis von Verwirrung zwischen Regierung, Aufsichtsbehörden und Tepco sowie einem Mangel an Führung gewesen.

Beide Studien dürften der Anti-AKW-Bewegung in Japan Auftrieb geben. Die Atomkraft-Gegner erhielten bereits großen Zulauf, als Ministerpräsident Yoshihiko Noda entschied, in diesem Monat zwei Reaktoren von Kansai Electric Power wieder ans Netz zu nehmen: Mehr als 100.000 Menschen gingen auf die Straße und protestierten gegen die Entscheidung. Kritiker warnen, dass die beiden Reaktoren nicht den Sicherheitsauflagen genügen.

Nach der Katastrophe waren in Japan alle 50 Reaktoren zur Überprüfung vom Netz genommen worden - der letzte im Mai. Damit war Japan ohne Atomstrom - zumindest für zwei Monate, bis der erste Reaktor wieder in Betrieb ging.

(REU)
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