Nach ARD-Interview Staudamm-Aktivist soll sich selbst verletzt haben

Peking (rpo). Der nach einem gewaltsamen Zwischenfall gelähmte chinesische Regierungskritiker Fu Xiancai soll sich selbst verletzt haben. Zu diesem Schluss kamen die Behörden von Zigui am Jangtse. Es gebe keine Beweise für einen Überfall. Der Aktivist hatte gegen den Drei-Schluchten-Staudamm protestiert und der ARD ein Interview gegeben. Deshalb wurde er am 8. Juni von der Polizei verhört und erlitt kurz darauf so schwere Verletzungen an den Halswirbeln, dass er nun querschnittsgelähmt ist.

"Wir können diese Entscheidung nicht akzeptieren", betonte sein Sohn Fu Bing. "Sie ist nicht im geringsten fair." Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, die zuerst über den Fall berichtet hatte, äußerte starke Bedenken, ob die Ermittlungen unabhängig, akkurat und fair verlaufen seien. Die Familie Fu sei ermahnt worden, gegen die behördliche Entscheidung keine Berufung einzulegen und auch keine neuen Beschwerden vorzutragen. Der Sohn betonte jedoch, dass sein Vater die nächste Rechtsinstanz einschalten werde.

Fu hatte sich in einem ARD-Interview am 19. Mai über die ausbleibende Entschädigung für die Umsiedlung von rund 1,3 Millionen Menschen im Bereich des Drei-Schluchten-Staudamms beklagt. Laut Human Rights Watch wurde er deshalb am 8. Juni zu einer Vernehmung bei der Polizei in Zigui vorgeladen. Auf dem Heimweg sei er dann von Unbekannten niedergeschlagen worden.

Einzelheiten zu den Ermittlungen und dem daraus resultierenden Ergebnis waren nicht in Erfahrung zu bringen. Fu Bing zufolge hieß es lediglich, am Ort des vermeintlichen Überfalls seien keine Fußspuren weiterer Personen gefunden worden. Ärzte stellten bei Fu Xiancai drei zertrümmerte Wirbel fest, so dass er für des Rest seines Lebens vom Hals abwärts gelähmt sein wird. Mitte Juni wurde er in einem Krankenhaus von Yichang erstmals operiert. Dabei wurde ihm nach Angaben seines Sohnes in Aussicht gestellt, wenigstens einen Rollstuhl benutzen zu können. Wieder laufen können werde er aber nicht.

Aufklärung gefordert

NDR-Intendant Jobst Plog beklagte damals in einem Brief an den chinesischen Botschafter in Berlin, ARD-Mitarbeitern sei jegliche Kontaktaufnahme zu dem schwer verletzten Fu oder seiner Umgebung verwehrt worden. Es stehe außer Zweifel, "dass der Überfall ein Racheakt unter anderem wegen seiner Äußerung im Deutschen Fernsehen war", erklärte Plog. So sei Fu in der lokalen Verwaltung wegen seines Kontakts zu ausländischen Medien als "Verräter" hingestellt worden.

Die Bundesregierung verlangte damals von der chinesischen Regierung in aller Form Aufklärung über den Vorfall. Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Jäger, sagte, am 14. Juni sei eine Demarche der deutschen Vertretung beim Außenministerium in Peking erfolgt. Die chinesische Seite habe Aufklärung zugesagt.

(ap)
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