Staatsanwaltschaft forderte drei Jahre Haft Prozess um Todesschwadron in Belarus – Ex-Soldat freigesprochen

St. Gallen · Ein Ex-Soldat aus Belarus stand wegen Verschwindenlassens von drei Oppositionellen in der Schweiz vor Gericht. Aus Sicht von Menschenrechtsorganisationen saß auch die autoritäre Lukaschenko-Regierung auf der Anklagebank.

 Ein Schweizer Polizist begleitet den ehemaligen Mitarbeiter der belarussischen Spezialeinheit Yuri Harauski während einer Verhandlungspause vor einem Schweizer Landgericht in St. Gallen (Ostschweiz).

Ein Schweizer Polizist begleitet den ehemaligen Mitarbeiter der belarussischen Spezialeinheit Yuri Harauski während einer Verhandlungspause vor einem Schweizer Landgericht in St. Gallen (Ostschweiz).

Foto: AFP/ARND WIEGMANN

In der Schweiz ist ein Ex-Soldat aus Belarus freigesprochen worden, der nach eigenen Angaben an der Entführung und Ermordung von Oppositionellen beteiligt war. Das Gericht sah es wegen vieler Widersprüche nicht als erwiesen an, dass der Mann im Staatsauftrag an der Beseitigung von Regimekritikern beteiligt war, wie der leitende Richter bei der Urteilseröffnung am Donnerstag in St. Gallen ausführte. Es sei möglich, dass der Mann mit seinen dramatischen Schilderungen nur seinem Asylantrag positiv beeinflussen wollte.

Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Prozess vergangene Woche drei Jahre Haft gefordert, zwei davon zur Bewährung. Menschenrechtsorganisationen sprachen dennoch von einem Meilenstein. Es sei das erste Mal, dass Vorgänge in Belarus unter dem Machthaber Alexander Lukaschenko vor Gericht zur Sprache kamen.

Juri Garawski (45) hatte in seinem Asylantrag in der Schweiz und in Medien angegeben, Mitglied einer Todesschwadron gewesen zu sein, die 1999 im Staatsauftrag den ehemaligen Innenminister Juri Sacharenko, den Ex-Leiter der Wahlkommission Viktor Gontschar und den Geschäftsmann Anatoli Krassowski entführt und umgebracht hat. Die Männer sind seitdem verschwunden und ihr Schicksal ist offiziell ungeklärt. Lukaschenko war damals bereits an der Macht. Zwei beim Prozess anwesende Töchter von Verschwundenen zweifelten nicht an den Aussagen des Angeklagten.

Für die Menschen in Belarus sei es wichtig, dass die Ermittlungen überhaupt stattfanden, sagte Pavel Sapelka, Führungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Viasna aus Belarus, der im Exil lebt, vor der Urteilsverkündung. „Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Hauptprozess, wenn eines Tages der Angeklagte Lukaschenko vor Gericht steht.“

Garawski (Schreiweise auch Yury Harauski) war 2018 in die Schweiz geflüchtet und beantragte Asyl. Er machte seinen Fall selbst in einem Film der Deutsche Welle publik. Die Organisation Trial International in Genf, die gegen Straffreiheit für solche Verbrechen kämpft, erkannte darin seinen Wohnort und brachte den Prozess ins Rollen.

„Ich bereue meine Rolle zutiefst“, hatte der Angeklagte vor Gericht gesagt. In Gesprächen mit Medien gab er sich als Kronzeuge gegen die Lukaschenko-Regierung aus. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Er wird in der Schweiz geduldet, weil sein Leben bei einer Abschiebung in Gefahr wäre.

(kalux/dpa)
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