Spionage und Verletzung der Privatsphäre Prozess gegen türkischen Anwalt der deutschen Botschaft beginnt

Istanbul · Spionage und illegales Erwerben von persönlichen Daten - ein türkischer Anwalt, der im Auftrag der deutschen Botschaft in Ankara gearbeitet hat, steht vor Gericht. Es geht um Details über türkische Asylbewerber und kurdische Aktivisten.

 Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bearbeitete der Anwalt 59 Asylanträge.

Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bearbeitete der Anwalt 59 Asylanträge.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Sechs Monate nach seiner Verhaftung in der Türkei beginnt der Prozess gegen den Kooperationsanwalt der deutschen Botschaft in Ankara. Der Fall, der am Montag in Ankara verhandelt wird, ist besonders brisant, weil der türkische Anwalt Yilmaz S. (51) den Auftrag hatte, Angaben von Menschen aus der Türkei zu überprüfen, die in Deutschland Asyl beantragt hatten. Berlin geht davon aus, dass den türkischen Behörden durch die Festnahme des Anwalts im September sensible Daten über Asylbewerber in die Hände gefallen sind.

Der Anwalt war Mitte September festgenommen und eine Woche später verhaftet worden. Nach Angaben des Bundesamts für Migration (Bamf) vom Januar hatte er zum Zeitpunkt der Festnahme Vorgänge zu 59 Asylverfahren bearbeitet, die 113 Menschen betreffen. Aus der Anklageschrift geht hervor, dass bei S. digitales Material zu 2329 Personen gefunden wurde.

Der türkische Jurist hatte den Auftrag, Informationen für Asylverfahren zu überprüfen, die in Deutschland laufen. So sollte er etwa prüfen, ob gegen türkische Asylbewerber - darunter kurdische Aktivisten - in der Türkei Ermittlungen laufen und ihnen bei der Rückkehr eine Verhaftung droht. Nach der Festnahme des Anwalts hatte das Auswärtige Amt die Zusammenarbeit mit Kooperationsanwälten ausgesetzt.

Das Bamf bedient sich mit Hilfe des Auswärtigen Amtes solcher Kooperationsanwälte, um an Informationen über Fluchtgründe und etwaige Gefahren zu kommen, die Asylbewerbern bei einer Rückkehr ins Herkunftsland drohen würden.

S. ist im Hochsicherheitsgefängnis Sincan inhaftiert. Neben Yimaz S. sind vier weitere Menschen angeklagt. Ihnen wird neben Spionage auch Verletzung der Privatsphäre vorgeworfen. S. und einem weiteren Angeklagten wird zudem illegales Erwerben oder Verbreiten von persönlichen Daten vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft argumentiert, Yilmaz S. habe im Wissen, dass seine Tätigkeit illegal sei, gehandelt. Er habe keine Befugnis gehabt, Informationen zu türkischen Asylbewerbern einzuholen.

Als Beleg dafür führt die Anklage unter anderem eine E-Mail des beschuldigten Anwalts an einen Botschaftsmitarbeiter auf. S. schlägt den deutschen Behörden darin vor, eine Einverständniserklärung von den Asylbewerbern einzuholen, damit er in ihrem Namen in der Türkei recherchieren darf. Er begründete dies mit „Sicherheitsbedenken“. Zudem sorge er sich um das Ansehen der Botschaft und um „eure und meine Sicherheit“. Wie die Botschaft reagierte, war zunächst unklar.

S. wies die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in seinem Verhör zurück, wie aus der Anklageschrift hervorgeht. Sein Verteidiger betonte gegenüber der dpa, sein Mandant habe nichts Illegales getan.

Der Fall belastet die deutsch-türkischen Beziehungen. Außenminister Heiko Maas hatte bereits im November auf eine „schnelle Lösung“ gedrungen.

(ala/dpa)
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