Berüchtigter mexikanischer Drogenboss Penn-Interview brachte Fahnder auf "El Chapos" Spur

New York · In der Hollywood-reifen Saga um Mexikos mächtigsten Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán ist eine spektakuläre Episode hinzugekommen: Drei Monate, bevor der meistgesuchte Verbrecher der USA vom mexikanischen Militär geschnappt wurde, empfing er den US-Schauspieler Sean Penn im Dschungel.

Und trank einen Tequila mit ihm - der Drogenboss hoffte wohl auf einen Film über sein Leben. Aber das Treffen half den Fahndern offenbar, Guzmán zu orten.

Der Hollywood-Star interviewte den flüchtigen Drogenboss für einen Artikel, den das Magazin "Rolling Stone" am Samstag auf seiner Internetseite veröffentlichte. Ein mexikanischer Regierungsvertreter sagte, das Treffen sei Teil der Ermittlungen gewesen, die am Freitag letztlich zur Festnahme Guzmáns führten.

Penn schrieb im "Rolling Stone", er habe sich am 2. Oktober sieben Stunden lang mit Guzmán in einem Wald getroffen. Das Magazin druckte ein Foto, auf dem Penn dem Drogenboss die Hand gibt. Anschließend seien mit Hilfe der mexikanischen Schauspielerin Kate del Castillo noch mehrere Telefon- und Video-Interviews arrangiert worden. In einem der Videos äußert sich Guzmán ausführlich zu seinen kriminellen Aktivitäten.

"Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgend jemand sonst in der Welt", sagte der 58-Jährige, der glatt rasiert in einem blauen gemusterten Hemd vor einem geparkten Pickup zu sehen ist, während im Hintergrund ein Hahn schreit. "Ich habe eine Flotte aus U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Schiffen." Zugleich bestritt er nicht die verheerende Wirkung von Drogen. "Die Tatsache, dass Drogen zerstören, ist eine Realität", sagte Guzmán.

"Leider gab es dort, wo ich aufgewachsen bin, keine andere Weise zum Überleben und es gibt sie noch immer nicht", sagte der Drogenboss, der nach eigenen Angaben mit 15 Jahren mangels anderer Erwerbsmöglichkeiten in den Drogenhandel einstieg. Er bestritt aber, für die Verbreitung von Drogen in der Welt verantwortlich zu sein. "Der Tag, an dem ich nicht mehr existiere, wird das absolut nicht weniger werden", sagte Guzmán.

Auf die Frage, ob die mexikanischen Behörden ihn lieber töten wollten, als ihn festzunehmen, äußerte sich Guzmán zuversichtlich, dass er nicht getötet würde. Der Drogenboss war im Juli auf spektakuläre Weise aus dem Hochsicherheitsgefängnis Altiplano entkommen: Er entschwand durch ein Loch in der Dusche seiner Gefängniszelle, das als Zugang zu einem 1,5 Kilometer langen Tunnel diente. Es folgte eine monatelange Großfahndung.

Wenige Tage nach dem Treffen mit Sean Penn schrieb Guzmán in einer Kurzmitteilung, er sei nur knapp einem Armeeeinsatz zu seiner Festnahme entgangen. Er spielte aber Berichte der Behörden über Verletzungen herunter: Er habe sich lediglich am Bein verletzt. Die Behörden erklärten ihrerseits, er habe sich auf der Flucht bei einem Sturz im Gesicht verletzt. Die Einsatzkräfte hätten keine Schusswaffen eingesetzt, da Guzmán mit zwei Frauen flüchtete.

Ein mexikanischer Regierungsvertreter sagte, die Behörden hätten über Penns Besuch bei Guzmán Anfang Oktober Bescheid gewusst. Das Treffen war demnach sogar Teil der Ermittlungen, die letztlich zur Festname des Drogenbosses führten. Spezialeinheiten hatten "El Chapo" am Freitag in einem Haus nahe der Ortschaft Los Mochis im Nordwesten Mexikos aufgespürt und festgenommen.

Die mexikanische Generalstaatsanwältin Arely Gómez hatte anschließend erklärt, Filmpläne des Drogenbosses seien eine wichtige Spur gewesen. Guzmán wollte demnach sein Leben verfilmen lassen und traf sich dazu sogar schon mit Produzenten und Schauspielern.

Am Samstag wurde der Drogenboss in das Hochsicherheitsgefängnis in Altiplano zurückgebracht, aus dem er im Juli entflohen war. Die mexikanische Justiz bereitet nun seine Auslieferung an die USA vor. Bisher hatte Präsident Enrique Peña Nieto dies stets abgelehnt. Ein Anwalt Guzmáns, Juan Pablo Badillo, kündigte aber an, wenn nötig bis vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen, um sich gegen die Auslieferung zur Wehr zu setzen.

(felt/AFP)
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