Wegen bandenmäßigen Betrugs Scientology in Frankreich verurteilt

paris (RPO). Ein Pariser Gericht hat die Scientology-Organisation in Frankreich und führende Mitarbeiter des bandenmäßigen Betrugs für schuldig befunden. Die Richter verhängten am Dienstag Bewährungs- und Geldstrafen, wie französische Medien berichten. Scientology darf aber weiter in Frankreich tätig bleiben. Die Anwälte der Organisation kündigten Berufung an. Opfer-Anwälte sprachen dagegen von einem historischen Urteil.

Bilder von der Scientology-Niederlassung in Berlin
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Die höchste Strafe erhielt laut Bericht Scientology-Führungsmitglied Alain Rosenberg; er wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 30.000 Euro Geldbuße verurteilt. Drei weitere Mitglieder erhielten bis zu 18 Monaten auf Bewährung und Geldbußen bis zu 20.000 Euro. Zwei Scientology-Unterorganisationen, das "Celebrity Center" und die Buchhandlung, wurden zu 400.000 Euro und 200.000 Euro Geldstrafe verurteilt.

Der Organisation wird vorgeworfen, Mitgliedern unter Ausnutzung ihrer Verwundbarkeit fünfstellige Geldsummen abgenommen zu haben. In dem Urteil heiße es, die Methoden der Organisation stellten einen Straftatbestand dar, so die Medien. Allerdings dürfe Scientology bei besserer Beaufsichtigung weiter tätig sein.

Ein Verbot hätte womöglich zur Folge, dass die Organisation ihre Tätigkeit im Verborgenen fortsetze, so das Gericht. Es warf Scientology vor, die angewandten Persönlichkeitstests seien ohne wissenschaftlichen Wert. Auf die Anhänger werde Druck ausgeübt; sie hätten kaum Möglichkeiten, Zahlungen an Scientology rückerstattet zu bekommen.

Neun Jahre Ermittlungen

In dem Verfahren war neun Jahre ermittelt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte die Auflösung von Scientology und Geldstrafen von bis zu vier Millionen Euro gefordert; eine Auflösung war allerdings wegen eines gesetzgeberischen Irrtums ausgeschlossen. Die Möglichkeit, Organisationen wegen Betrugs aufzulösen, war wenige Wochen vor Prozessauftakt im Mai versehentlich aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden.

Scientology-Gegner äußerten den Verdacht der Manipulation. Mitte September wurde die Möglichkeit zur Auflösung durch eine erneute Gesetzesänderung wieder in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Für das Scientology-Verfahren kam das aber zu spät.

Anwälte der Opfer erklärten, erstmals sei in Frankreich Scientology als Organisation wegen bandenmäßigen Betrugs verurteilt worden; daher handele es sich um ein historisches Urteil. Auch die interministerielle Sektenkommission der Regierung zeigte sich erfreut über die "harten Strafen". Die Sektenopfer-Vereinigung Unadfi erklärte, das Urteil erlaube, künftig eine bessere Kontrolle von Scientology.

Die Organisation kündigte dagegen Berufung wegen "offenkundiger Widersprüche" in dem Urteil an. Entscheidend sei jedoch, dass Scientology weiterarbeiten könne, zitiert die Tageszeitung "Le Figaro" (Online-Ausgabe) Scientology-Anwalt Patrick Maisonneuve. Scientology beziffert seine Mitgliederzahl in Frankreich laut "Figaro" auf rund 45.000.

(KNA/felt)
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