Neue Studie Schutzschild vor Antarktisgletscher schmilzt schneller als befürchtet

New York · Das Schelfeis vor dem antarktischen Kontinent verhindert das schnelle Schmelzen der Gletscher. Doch dieser Schutz wird schnell schwächer. Ein für das Südpolargebiet sehr wichtiger Gletscher ist womöglich stärker gefährdet als bislang angenommen.

 Ein Eisberg, der vom Forschungschiff «Xue Long» aus fotografiert wurde, schwimmt im Südpolarmeer. (Archivbild)

Ein Eisberg, der vom Forschungschiff «Xue Long» aus fotografiert wurde, schwimmt im Südpolarmeer. (Archivbild)

Foto: dpa/Liu Shiping

Ein für das Südpolargebiet sehr wichtiger Gletscher ist einer neuen Studie zufolge womöglich stärker gefährdet als bislang angenommen. Das Schelfeis, das den Pine-Island-Gletscher in der Westantarktis daran hindere, ins Meer zu stürzen, breche schneller ab als zuvor, hieß ein der am Freitag in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlichten Untersuchung. Der Eisverlust habe sich seit 2017 beschleunigt, weshalb Wissenschaftler die Sorge äußerten, der Gletscher nicht erst in einigen Jahrhunderten kollabieren werde.

Das auf dem Meer schwimmende Schelfeis wirkt wie ein Korken, der verhindert, dass die Eismassen des schnell schmelzenden Gletschers zügig ins Meer gedrückt werden. Allerdings hat sich das Schelfeis zwischen 2017 und 2020 etwa 20 Kilometer zurückgezogen, wobei sich Kilometergroße Eisberge lösten. Bilder eines europäischen Satelliten, der das Schelfeis aller sechs Tage fotografiert, sind zu einem Zeitraffervideo zusammengestellt worden, das den Rückgang des Eises verdeutlicht.

„Man kann sehen, wie Dinge einfach auseinandergerissen werden“, sagte der Hauptautor der Studie, der Glaziologe Ian Joughin von der Universität Washington. „Es sieht also fast so aus, als würde die Beschleunigung selbst den Gletscher schwächen.“ Bis jetzt seien etwa 20 Prozent des Hauptschelfs verloren gegangen. „Es ist nicht völlig undenkbar, dass das ganze Schelf in ein paar Jahren nachgibt und verschwindet“, sagte Joughin. „Ich würde sagen, das ist weit hergeholt, aber nicht sehr weit hergeholt.“

Der Pine-Island-Gletscher ist einer von zweien in der Westantarktis, die den Forschern die größten Sorgen bereiten. Er enthält 180 Billionen Tonnen Eis und ist für etwa ein Viertel des Eisverlustes in der Antarktis verantwortlich. Sein Eis könnte den Meeresspiegel um etwa einen halben Meter steigen lassen.

Das andere Sorgenkind ist der Thwaites-Gletscher. „Pine Island und Thwaites sind jetzt unsere größte Sorge, denn sie fallen auseinander und dann wird der Rest der Westantarktis nach fast allen Modellen folgen“, sagte die Eisforscherin Isabella Velicogna von der University of California in Irvine, die nicht an der Studie mitgearbeitet hat.

(lha/dpa)
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