Sieben Tote in Wisconsin Schießerei in Sikh-Tempel war Terrorangriff

Washington · Der Schock von dem Kinomassaker in den USA sitzt noch tief - da gibt es eine neue Bluttat. In einem Sikh-Tempel in Wisconsin kommen bei einer Schießerei sieben Menschen ums Leben. Die Polizei spricht von einem Terrorangriff.

Schießerei in Sikh-Tempel in Wisconsin
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Schießerei in Sikh-Tempel in Wisconsin

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Nach dem tödlichen Angriff auf einen Tempel der Glaubensgemeinschaft der Sikhs im US-Staat Wisconsin herrscht weiter Rätselraten über das Motiv des Täters.

"Während das FBI ermittelt, ob es sich hier um einen Akt des Inlandsterrorismus handeln könnte, konnte bislang kein Motiv festgestellt werden", teilte eine Sprecherin der Bundespolizei in der Nacht zu Montag mit. Zuvor hatte ein Bewaffneter sechs Menschen in einem Vorort von Milwaukee getötet, bevor er selbst bei einem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben kam.

"Akt des Inlandsterrorismus"

Die Polizei sprach anschließend von einem Akt des Inlandsterrorismus, ohne allerdings Angaben zur Person des Verdächtigen oder mögliche Motive mitzuteilen. Die Behörden teilten mit, sie gingen nicht davon aus, dass es einen weiteren Schützen gegeben habe. Neben einem Polizisten befanden sich nach Behördenangaben noch zwei weitere Personen nach der Schießerei in kritischem Zustand.

Die 24-jährige Gurpreet Kaur berichtet, ihre Mutter habe mit rund 14 anderen Frauen das Essen in der Küche des Tempels vorbereitet, als der Täter erschien und das Feuer eröffnete. Die Gruppe sei dann zur Speisekammer geflüchtet.

Ein Freund von ihm sei auf den Parkplatz des Tempels gefahren, habe Schüsse gehört und zwei Menschen hinfallen sehen, sagte der 21-jährige Sunny Singh. Der Angreifer habe dann nach Beobachtung des Freundes seine Waffe neu geladen und sei in den Tempel gegangen. Einsatzleiter Bradley Wentland sagte, vor dem Tempel seien zwei, darin vier von dem Angreifer getötete Menschen gefunden worden.

Bombenentschärfungskommando vor Ort

Nach dem Vorfall evakuierte die Polizei einige Häuser in einem weiteren nahegelegenen Vorort. Dabei wurden vier Blocks in dem Ort Cudahy abgesperrt, der nur wenige Kilometer von dem Tempel entfernt liegt. Bei der Evakuierung war nach Angaben einer Polizeisprecherin auch ein Bombenentschärfungskommando vor Ort. Warum dieses gerufen wurde, führte die Sprecherin allerdings nicht aus.

Dutzende Angehörige der Sikh-Gemeinde in der 35.000-Einwohner-Stadt nördlich von Chicago versammelten sich nach Bekanntwerden der Bluttat in der Nähe des abgesperrten Tempels und warteten unruhig auf Nachrichten von ihren Angehörigen.

"Unser Priester ist tot. Ein Großvater meines Freundes ist tot. Es ist eine sehr enge Gemeinschaft. Egal, wer getroffen ist - wir sind alle eine Familie", sagte der 22-jährige Harinder Kaur. Der Fabrikarbeiter Navreet Raman zeigte sich entsetzt: "Es ist furchterregend. Das ist unsere Gebetsstätte. Wenn eine Kirche kein sicherer Ort ist, was ist dann noch sicher? Nichts."

Obama bestürzt

Präsident Barack Obama äußerte sich bestürzt über den Angriff und sprach der aus Indien stammenden Religionsgemeinschaft der Sikhs seine Solidarität aus. In den USA gehören mehr als 500.000 Menschen der Glaubensgemeinschaft an. Die Sikhs tragen traditionell Turban und Bart. In den USA werden sie vielfach für Muslime gehalten und waren deshalb besonders nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Anfeindungen ausgesetzt.

Indiens Premier geschockt

Indiens Premierminister Manmohan Singh hat sich "zutiefst schockiert und traurig" über den Anschlag auf einen Sikh-Tempel in den USA gezeigt. Die Tatsache, dass eine religiöse Kultstätte angegriffen worden sei, sei "besonders schmerzhaft", erklärte Singh, selbst ein Sikh-Anhänger, am Montag in Neu Delhi. Er appellierte an die zuständigen Behörden, alles dafür zu tun, dass sich solche "gewalttätigen Akte" nicht wiederholten.

Auch religiöse Führer und Politiker in Indien reagierten bestürzt auf den Anschlag. Es handele sich um einen furchtbaren Vorfall, der alle Sikhs sehr betroffen mache, sagte Avtar Singh, dessen Stiftung den heiligsten Schrein der Sikhs, den Goldenen Tempel in Amritsar, verwaltet.

Der Sikhismus

Der Sikhismus ist eine im 15. Jahrhundert in Indien entstandene monotheistische Religion. Sie hat weltweit 27 Millionen Anhänger.

Gläubige Sikhs lassen sich nicht ihr Haar schneiden und tragen Bärte. Nach Angaben der in Washington ansässigen Sikh-Coalition wurden in den USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001 mehr als 700 Gewalttaten gegen Sikhs in den USA verzeichnet. Einige Menschenrechtsaktivisten verweisen darauf, dass Sikhs wegen ihrer Bärte und Turbane oft mit Muslimen verwechselt werden.

In New York und Chicago teilte die Polizei mit, dass die dortigen Sikh-Tempel als Vorsichtsmaßnahme zusätzliche Aufmerksamkeit erhalten würden. Erst vor zwei Wochen hatte ein Mann während einer Kino-Premiere in Colorado das Feuer eröffnet und zwölf Menschen getötet.

(dpa/dapd/AFP)
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