Ex-Präsident Sarkozy vor Gericht Die Affären des früheren "Bling-Bling-Präsidenten"

Paris · Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy muss sich erstmals vor Gericht verantworten. Der Prozess wurde jedoch kurz nach Beginn bis Donnerstag vertagt.

 Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy verlässt den Gerichtssaal.

Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy verlässt den Gerichtssaal.

Foto: AP/Michel Euler

Dem 65-Jährigen drohen zehn Jahre Haft und eine Geldbuße in Höhe von rund einer Million Euro. Er selbst bestreitet die Vorwürfe.

Sarkozy ist der erste französische Präsident der Nachkriegszeit, der wegen Korruption angeklagt wird. Vor ihm musste sich nur der 2019 gestorbene Ex-Präsident Jacques Chirac juristisch verantworten. Er wurde 2011 wegen Scheinbeschäftigung in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Doch schon kurz nach Prozessbeginn wird schon wieder bis Donnerstag unterbrochen. Der Grund: Für den ebenfalls angeklagten Juristen Gilbert Azibert solle ein medizinisches Gutachten angefertigt werden, berichtete der Nachrichtensender BFMTV am Montag aus dem Pariser Justizpalast.

Der Anwalt des 73-Jährigen habe vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie einen Aufschub des Gerichtsverfahrens aus gesundheitlichen Gründen beantragt. Azibert sei nicht vor Gericht erschienen. Laut Plan soll der Prozess bis zum 10. Dezember stattfinden - ob dieser jetzt noch eingehalten werden kann, wird sich zeigen.

Daneben gibt es gegen den ehemaligen Präsidenten noch weitere juristische Vorwürfe, hier eine Übersicht:

BESTECHUNGSVORWÜRFE:

Dem Ex-Staatschef drohen in dem nun eröffneten Verfahren zehn Jahre Haft und eine Geldbuße in Höhe von rund einer Million Euro. Er soll versucht haben, einen Staatsanwalt an Frankreichs Oberstem Gerichtshof zu bestechen, um Informationen zum Verlauf eines ihn betreffenden Verfahrens zu erlangen.

Abgehörte Telefonate zwischen Sarkozy und seinem Anwalt belasteten den konservativen Politiker schwer. In Frankreich heißt der Fall deshalb die "Abhör-Affäre". Neben seinem Anwalt Thierry Herzog steht auch der frühere Staatsanwalt Gilbert Azibert wegen Korruption vor Gericht.

WAHLKAMPFFINANZEN 2012:

Im Frühjahr muss Sarkozy zudem wegen des Verdachts der illegalen Wahlkampffinanzierung vor Gericht erscheinen. Bei seinem erfolglosen Präsidentschaftswahlkampf gegen François Hollande 2012 überschritt Sarkozy nach Erkenntnissen der Ermittler die zulässige Budgetobergrenze von 22,5 Millionen Euro deutlich.

Seine konservative Partei soll versucht haben, dies durch ein System falscher Rechnungen in Millionenhöhe zu kaschieren. Allein die Eventfirma Bygmalion stellte seiner Partei UMP - die inzwischen Les Républicains (Die Republikaner) heißt - Rechnungen in Höhe von 18,5 Millionen Euro aus. Deshalb ist der Fall auch als "Bygmalion-Affäre" bekannt.

GADDAFI-GELDER:

Bereits seit April 2013 gehen Untersuchungsrichter dem Verdacht nach, dass Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf 2007 von Libyens damaligem Machthaber Muammar al-Gaddafi mitfinanziert wurde. In Medienberichten ist von rund 50 Millionen Euro die Rede. Noch als Präsident nannte Sarkozy den Verdacht "grotesk". Ermittler haben deshalb zwei Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Einen Einspruch des früheren Präsidenten gegen das Vorgehen der Justiz wies das Pariser Berufungsgericht erst Ende September weitgehend zurück. Zwar hat ein Hauptbelastungszeuge seine Aussage inzwischen zurückgezogen, die Finanz-Staatsanwaltschaft sieht aber viele andere Hinweise für eine Schuld Sarkozys.

EINGESTELLTE ERMITTLUNGEN:

In mehreren anderen Fällen wurden die Ermittlungen gegen Sarkozy mangels Beweisen eingestellt. Dies gilt etwa für die sogenannte Bettencourt-Affäre: Die Justiz ließ den Vorwurf fallen, der Konservative habe die Schwäche der demenzkranken L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt ausgenutzt, um an Geld für seinen Wahlkampf 2007 zu kommen.

Auch der Verdacht, Sarkozy habe als Wahlkampfmanager des konservativen Regierungschefs Edouard Balladur 1995 zwielichtige Finanzquellen angezapft, ließ sich nicht erhärten. In dem Fall ging es um ein U-Boot-Geschäft mit Pakistan.

(june/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort