Bilder von Gewalttaten und rechtsextreme Propaganda Staatsanwaltschaft warnte Uniklinik in Rotterdam vor Todesschütze
Update | Den Haag/Rotterdam · Schüsse fallen in Rotterdam. Erst in einer Wohnung, dann in der Uniklinik. Drei Menschen sterben. Der mutmaßliche Täter wird gefasst. Der Stand der Ermittlungen.

Fotos vom Einsatz in Rotterdam
Die Universitätsklinik in Rotterdam ist vor den tödlichen Schüssen auf drei Menschen vor dem unter Tatverdacht stehenden Medizinstudenten gewarnt worden. Wie Klinikleiter Stefan Sleijfer am Freitag bestätigte, hatte die Staatsanwaltschaft schon vor längerer Zeit Bedenken wegen psychischer Probleme des Mannes geäußert, der am Donnerstag seine Nachbarin, deren 14-jährige Tochter und einen Dozenten der Uniklinik tötete.
Zuerst hatte der öffentlich-rechtliche Sender NOS über die E-Mail an die Uniklinik berichtet. Die Staatsanwaltschaft warnte demnach schon vor einigen Monaten, dass der 32-jährige Medizinstudent ein „beunruhigendes“ und „psychotisches“ Verhalten gezeigt habe. Unter anderem habe er halbnackt auf einem Laubhaufen in seinem Garten gelegen und wie verrückt gelacht.
Zudem hatten die Behörden dem Bericht zufolge auf dem Handy des Mannes Bilder von Gewalttaten und rechtsextreme Propaganda gefunden. „Ich nehme an, dass dies Ihre Entscheidung beeinflussen wird, ob er für das medizinische Diplom in Frage kommt“, schrieb ein Staatsanwaltschaft dem Bericht zufolge in der Mail an die Uniklinik.
Klinikleiter Sleijfer teilte dem Sender mit, dass der Student alle seine Prüfungen bestanden habe. Der Staatsanwaltschaft habe „aufgrund seines sonstigen Verhaltens“ aber Zweifel geäußert, „ob diese Person Arzt werden sollte“, sagte er. Die Klinik habe die Warnung ernst genommen und eine psychiatrische Untersuchung angeordnet, die noch nicht abgeschlossen sei. Der Student habe das für die Zulassung als Arzt erforderliche Diplom daher bisher nicht erhalten.
Der 32-jährige Tatverdächtige, der an der Erasmus-Universität studiert, hatte nach Polizeiangaben am Donnerstag in der Wohnung seiner Nachbarn in Rotterdam eine 39-jährige Frau erschossen und deren 14-jährige Tochter so schwer verletzt, dass sie wenig später starb. Dann drang er in einen Hörsaal der Universitätsklinik ein und erschoss einen 43-jährigen Dozenten. Ein Medizinstudent sagte dem Sender RTL Nieuws, zuerst seien im vierten Stock der Klinik vier oder fünf Schüsse gefallen. Dann sei ein Brandsatz in den Hörsaalbereich der Klinik geworfen worden. „Es gab viel Panik und Geschrei“, sagte ein anderer Augenzeuge dem Sender NOS. Einige Abteilungen der Klinik wurden geräumt. Entsetzt standen Ärzte, Pflegepersonal, Studenten und auch Patienten vor dem Gebäude, wie auf TV-Bildern zu sehen war. Auch in der Wohnung legte er zudem Feuer. Beide Brände konnten von der Feuerwehr jedoch schnell gelöscht werden.
Der 32-Jährige, der Kampfmontur und eine kugelsichere Weste trug, wurde festgenommen. Er kooperiert nach Polizeiangaben bei den Ermittlungen, nannte zunächst aber kein Motiv. Der Verdächtige ist wegen Tierquälerei vorbestraft, weil er sein Kaninchen misshandelt hatte. Dabei wurde er der Staatsanwaltschaft zufolge von einem Nachbarn oder einer Nachbarin gefilmt. Unklar war zunächst, ob es sich dabei um die getötete 39-jährige Frau handelte.
Der junge Mann soll auch einen tiefen Groll gegen das Krankenhaus gehegt haben. Die Polizei erklärte, sie gehe von einer „gezielten“ Tat aus. Komplizen hatte der Verdächtige demnach nicht.
Anwohner legten am Freitag Blumen vor dem Krankenhaus und vor dem Haus nieder, in dem Mutter und Tochter getötet wurden. Die Uniklinik sagte vorerst alle Vorlesungen ab und bot Betroffenen psychologische Hilfe an. Der Krankenhaus-Betrieb lief aber normal weiter.
Der Rotterdamer Bürgermeister Ahmed Aboutaleb sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. „Wir wurden aufgeschreckt durch eine abscheuliche Tat.“ Auch Ministerpräsident Mark Rutte zeigte sich entsetzt. Das Königspaar drückte den Angehörigen und Opfern sein Mitgefühl aus. „Auch denken wir an alle, die während dieser schrecklichen Taten in Angst waren“, ließ das Paar mitteilen.
Der niederländische Regierungschef Mark Rutte äußerte im Online-Dienst X (vormals Twitter) seine „große Bestürzung“ über die Tat. Seine Gedanken seien bei den „Opfern dieses Anschlags, ihren Lieben und all jenen, die immense Angst hatten“. König Willem-Alexander und Königin Maxima erklärten, sie seien mit ihren Herzen bei den Menschen, die unter „tiefer Trauer“ litten.
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