Heli-Platz im Kreml sorgt für Ärger Putins neue Luftnummer

Moskau · Unerwartet enthüllt der Kreml einen Hubschrauberlandeplatz auf seinem historischen Welterbe-Areal. Die Unesco ist nicht informiert, russische Denkmalschützer schäumen. Doch die Beamten von Staatschef Putin verstehen die Aufregung nicht.

Wladimir Putin - Präsident von Russland, eitel, autoritär, entschlossen
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Das ist Wladimir Putin - eitel, autoritär, entschlossen

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Foto: dpa/Kremlin Pool

Zum Wohl des russischen Volkes geht Präsident Wladimir Putin sogar in die Luft. Angeblich um die verstopften Straßen von Europas größter Stadt Moskau zu entlasten, fliegt Putin künftig häufiger mit dem Hubschrauber zu seinem Amtssitz, dem Kreml.

Allzu oft sind wichtige Hauptverkehrsstraßen gesperrt, um der Präsidentenkolonne freie Fahrt zu ermöglichen. Mit dem Umstieg auf den Helikopter beweise die Führung also, dass sie die Bedenken des Volkes ernst nehme, betonen kremlnahe Politologen eilends. Doch Putins neue Luftnummer sorgt für Entsetzen bei Denkmalschützern.

Der Kreml nämlich steht auf der Welterbeliste der Unesco - und ist damit baulich besonders geschützt. "Gemäß der Welterbekonvention ist eine Absprache mit der Unesco zwingend erforderlich", sagt die Architekturexpertin Irina Saika. Moskau aber hatte die UN-Organisation offenbar überhaupt nicht darüber informiert, was da im historischen Tainizki-Garten für fünf Millionen Euro entsteht.

"Dies ist das erste Mal, dass die Unesco von dem Helipad hört", teilt ein Sprecher der UN-Organisation auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Dabei hat die Kremlverwaltung nach eigenen Angaben das Projekt ein Jahr lang vorbereitet. Selbst die Moskauer Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta" schreibt vom "Geheimnis des Tainizki-Gartens". Tausende Kubikmeter Erde wurden ausgehoben, Bäume und Sträucher umgepflanzt, wie der Kreml nun in ungewohnter Offenheit mitteilt.

Theoretisch droht der Welterbe-Entzug

Der grün-gelb gestrichene Landeplatz auf mehr als 4000 Quadratmetern in der Südostecke des beliebten Touristenziels ist aber keinesfalls der erste unabgesprochene Eingriff, wie Denkmalschützerin Saika betont. Bereits vor mehr als einem Jahr warnte die Moskauer Zeitung "Iswestija", die Unesco sei besorgt über eigenmächtige Bauarbeiten in dem historischen Areal. Geändert habe sich danach aber nichts, kritisieren Experten.

Theoretisch droht dem Kreml, der 1990 gemeinsam mit dem Roten Platz den begehrten Unesco-Titel erhalten hatte, ein Eintrag in die Rote Liste - und sogar der Welterbe-Entzug. Beobachter aber meinen, dass die Beratungen darüber wohl Jahre dauern würden, auch da Russland als Geldgeber bei der Unesco benötigt wird.

Expertin Saika betont, dass allein die Vibrationen des mehrere Tonnen schweren Helikopters die Substanz historischer Gebäude schädigen könnten. Putin lässt sich in einem riesigen Mi-8-Hubschrauber fliegen - dieser Typ kann auch militärisch genutzt werden. "Keine Gefahr", betont dagegen die Präsidialverwaltung.

"Es wurde kein negativer Einfluss der Hubschrauberlandungen auf den Kreml nachgewiesen", sagt der zuständige Abteilungsleiter Wladimir Koschin. Putins Sprecher Dmitri Peskow behauptet, spezielle Sensoren würden rechtzeitig vor Erschütterungen warnen. Die Denkmalschützer aber stehen vor vollendeten Tatsachen. Nicht zum ersten Mal fühlen sich die Experten vom Kreml übergangen.

(dpa/csr)
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