Prozessauftakt in Paris „Charlie Hebdo" kämpft weiter gegen den Hass

Paris · In Paris hat am Mittwoch der Prozess zum Anschlag auf die französische Satirezeitung „Charlie Hebdo“ begonnen. „Der Hass, der uns getroffen hat, ist immer noch da“, schreibt der Redaktionsleiter der Zeitung Laurent Sourisseau, in seinem Leitartikel zum Auftakt.

 Der Chefredakteur von „Charlie Hebdo“, Laurent Sourisseau (M), bekannt als Riss, trifft am Gerichtssaal ein-

Der Chefredakteur von „Charlie Hebdo“, Laurent Sourisseau (M), bekannt als Riss, trifft am Gerichtssaal ein-

Foto: dpa/Francois Mori

„Wir sind Charlie“ - dieses Schlagwort ging nach dem 7. Januar 2015 um die Welt. Am Mittwoch hat in Paris der Prozess zu dem Anschlag auf die französische Satirezeitung „Charlie Hebdo“ und zwei weiteren Attentaten mit insgesamt 17 Toten begonnen. Auch gut fünf Jahre später kämpft die Zeitung gegen den Hass:

In einer Sonderausgabe zum Prozess druckte „Charlie Hebdo“ die umstrittenen Mohammed-Karikaturen nach, wegen derer das Blatt zur Zielscheibe von Islamisten wurde. Die ursprünglich in der dänischen „Jyllands-Posten“ erschienenen Zeichnungen hatte „Charlie Hebdo“ bereits 2006 veröffentlicht. Sie zeigen unter anderem den Propheten Mohammed mit einer Bombe auf dem Kopf anstelle eines Turbans.

Aus einem Teil der islamischen Welt kam nun erneut scharfe Kritik: Die Veröffentlichung verletze „die Gefühle von Milliarden von Muslimen“, empörte sich Pakistans Außenminister Shah Mahmood Qureshi auf Twitter. Auch Frankreichs Muslime tun sich schwer mit dem bissigen Humor von „Charlie Hebdo“: Der muslimische Dachverband CFCM rief seine Anhänger auf, die Zeichnungen zu „ignorieren“, und verurteilte zugleich jede Gewalt.

„Der Hass, der uns getroffen hat, ist immer noch da“, schreibt der Redaktionsleiter von „Charlie Hebdo“, Laurent Sourisseau, in seinem Leitartikel zum Prozess. Darin äußert er unter seinem Pseudonym „Riss“ die Hoffnung, dass „in zehn, 20 Jahren freiere Geister zum Vorschein kommen als die unserer Zeit“.

Riss hat das Attentat vor gut fünf Jahren überlebt - anders als Charb, Cabu, Honoré, Tignous oder Wolinski: Die bekannten französischen Karikaturisten wurden am 7. Januar 2015 von dem islamistischen Brüderpaar Chérif und Saïd Kouachi kaltblütig getötet.

Eine Welle der Solidarität ging nach dem Anschlag um die Welt, die Auflage der Satirezeitung schnellte in die Höhe. Alleine die Ausgabe vom 14. Januar 2015, die einen weinenden Propheten Mohammed auf dem Titel zeigte, verkaufte sich acht Millionen Mal weltweit. Es flossen Spenden von mehr als vier Millionen Euro. Zeitweise gab es sogar eine deutsche Ausgabe, die mangels Lesern aber Ende 2017 wieder eingestellt wurde.

Seitdem ist die Auflage wieder stark rückläufig. Seit 2018 wurden im Schnitt jährlich rund 25.000 Exemplare von „Charlie Hebdo“ am Kiosk verkauft. Die Zahl der Abonnenten hat sich bei 30.000 eingependelt. Zuletzt beschäftigte sich das Blatt mehr mit der Corona-Pandemie als der islamistischen Gefahr.

Dennoch tritt die Satirezeitung auch im 50. Jahr ihres Bestehens unverdrossen für die Meinungs- und Pressefreiheit ein: „Wir werden uns niemals zur Ruhe legen“, versprach Redaktionschef Riss.

„Charlie Hebdo“ nannten die Gründer das am 23. November 1970 erstmals erschienene Blatt in Anlehnung an die Comicfigur Charlie Brown von den Peanuts, Hebdo verweist auf die wöchentliche Erscheinungsweise. Die Satirezeitung lebt noch heute - auch wenn die Redaktion wegen fortgesetzter Drohungen an einem geheimen Ort arbeiten muss.

(ahar/AFP)
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