Fall Diren Dede Prozess um getöteten Austauschschüler beginnt

Washington · In Montana erschoss Markus Kaarma den Hamburger Diren Dede in seiner Garage. Jetzt sprechen die Anwälte der Familie des Toten.

 Der Fall Diren Dede hatte deutschlandweit Aufsehen ausgelöst.

Der Fall Diren Dede hatte deutschlandweit Aufsehen ausgelöst.

Foto: dpa, bom fdt tba

War es Notwehr? Oder hat ein schießwütiger Hausbesitzer Diren Dede erschossen, nachdem er ihn in eine tödliche Falle gelockt hatte? Am Montag beginnt in Missoula (Montana) der Prozess gegen Markus Kaarma, den 30-Jährigen, der im April in seiner Garage vier Schüsse auf den Hamburger Austauschschüler abfeuerte. Es war kurz nach Mitternacht, als das Babyfon Alarm meldete. Kaarma und seine Lebensgefährtin Janelle Pflager hatten das Gerät in die Garage ihres Einfamilienhauses gelegt und obendrein eine Überwachungskamera installiert, um potenziellen Einbrechern auf die Spur zu kommen. Als eine Art Köder, so die Staatsanwaltschaft Montanas, soll das Paar eine Handtasche gut sichtbar in die Garage gestellt und das Tor halboffen gelassen haben. Als die Sensoren Bewegung meldeten, griff sich Kaarma eine Schrotflinte und feuerte vier Mal in die Finsternis. Als Pflager das Garagenlicht anschaltete, sahen sie den verblutenden Teenager am Boden liegen.

Bis zum 19. Dezember sollen zwölf Geschworene über die Schuldfrage befinden. Während sich Kaarma auf die Castle Doctrine beruft, die Schlossdoktrin, nach der Hauseigentümer tödliche Gewalt anwenden dürfen, wenn sie auf ihrem Grundstück um ihr Leben fürchten, spricht Bernhard Docke von einem nichtigen Anlass, aus dem der 17-jährige Diren Dede sein Leben verlor. "Die Verteidigung wird auf Notwehr und Freispruch plädieren. Diese Rechtsauffassung können wir in keiner Weise teilen", sagt der Bremer Jurist, einer der zwei Anwälte, die die Familie Dede vertreten.

Zwar sei das Waffen- und Notwehrrecht in Montana weiter gefasst als in Deutschland, aber auch dort sei es nicht grenzenlos, "auch dort ist das Privatgrundstück kein rechtsfreier Raum mit der Lizenz zum Töten". Zur Waffe dürfe man erst im Falle einer - zumindest subjektiv so empfundenen - ernsthaften Bedrohung greifen. Daran fehle es in diesem Fall, denn offenbar habe der Täter die Konfrontation gezielt gesucht. "Er hat die Situation offenbar von Anfang an beherrscht, unter dem Deckmantel behaupteter Verteidigung suchte er wohl eine Gelegenheit zum straflosen Gebrauch seiner Waffe", so Docke.

Paul Ryan, der Verteidiger Kaarmas, versucht das Verhalten seines Mandanten mit einem vorangegangen Einbruch zu erklären. Wenige Tage zuvor sollen in besagter Garage ein iPhone, ein Glas mit Marihuana, eine Geldbörse und Kreditkarten gestohlen worden sein. Dass die Polizei zu lange brauchte, um auf Notrufe zu reagieren, habe Kaarma nach Ryans Worten sehr geärgert.

Diren Dede, ein begeisterter Hobbyfußballer, der für ein Jahr an der Big Sky High School in Missoula lernte, war in jener Nacht im April zusammen mit einem Freund aus Ecuador in der Nachbarschaft unterwegs. Sie hätten Alkohol gesucht, so der Freund, es sei ein Streich gewesen, für Teenager in der Langeweile der Provinz, eine Art Mutprobe. Diren, zitiert die Zeitung "Missoulian" den Südamerikaner, sei in jener Nacht zum ersten Mal in eine Garage eingedrungen.

Kaarma wiederum war auf Konflikt gebürstet, so bezeugen es zwei Mitarbeiter eines Friseursalons, in dem er sich vier Tage vor der Tat die Haare schneiden ließ. Damals habe er gesagt, er bleibe nächtelang wach, um "einen verdammten Typen" zu erschießen.

(RP)
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