Abschlussbericht zum Massaker auf Utoya Polizei gesteht Fehler beim Breivik-Einsatz ein

Knapp acht Monate nach dem Massaker von Utoya in Norwegen legt die Polizei einen Abschlussbericht über ihr eigenes Verhalten vor. Sie räumt offene eigene Fehler ein und entschuldigt sich. Fest steht nun: Ein schnelleres Eingreifen hätte Leben retten können.

 Pressekonferenz Mitte März, neun Monate nachdem Anders Breivik mordete. Die norwegische Polizei entschuldigte sich bei den Opfern und Angehörigen.

Pressekonferenz Mitte März, neun Monate nachdem Anders Breivik mordete. Die norwegische Polizei entschuldigte sich bei den Opfern und Angehörigen.

Foto: afp, ERLEND AAS

Mit deutlichen Worten hat Norwegens Polizeichef Fehler beim Einsatz gegen den Massenmörder Anders Behring Breivik eingestanden und die Betroffenen um Verzeihung gebeten. "Im Namen der Polizei entschuldige ich mich dafür, dass es uns nicht gelungen ist, den Angreifer früher festzunehmen", sagte Oystein Maeland bei der Vorstellung des Einsatzberichtes am Donnerstag. "

Jede Minute war eine Minute zu viel. Zu wissen, dass Leben hätten geschont werden können, wenn der Angreifer früher festgenommen worden wäre, ist schwer zu ertragen."

Der Bericht kam zum Schluss, dass die Einsatzkräfte "theoretisch" 16 Minuten früher die Insel Utøya hätten erreichen können, sagte die für das Gebiet zuständige Polizeichefin Sissel Hammer. Das wäre aber nur möglich gewesen, wäre direkt ein Boot verfügbar gewesen und hätte es keine Probleme mit der Kommunikation gegeben, sagte sie. Breivik hatte am 22. Juli vergangenen Jahres 69 Teilnehmer eines Ferienlagers auf Utøya erschossen. Zuvor starben acht Menschen bei der Explosion einer Bombe, die er im Osloer Regierungsviertel gelegt hatte.

Nach dem Massaker war immer wieder Kritik am Polizeieinsatz aufgekommen. Dabei ging es vor allem um die Frage, warum so viel Zeit bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte auf der Insel verging und ob die Einsatzkräfte von einem viel zu weit entfernt liegenden Ort mit dem Boot zu der Fjordinsel übergesetzt haben.

Der Bericht zeige nun, dass die Notrufzentralen überfordert waren, sagte der frühere Polizeichef Olav Sonderland, Leiter der Kommission, die den Bericht erstellt hat. Viele Anrufe blieben unbeantwortet.
Auch die Funkverbindung der Einsatzkräfte sei beeinträchtigt gewesen.
Die Polizisten erhielten widersprüchliche Berichte über mehrere Schützen auf der Insel.

Informationen über Breivik hätten viel eher an sie weitergeleitet werden können, sagte der Osloer Polizeichef Anstein Gjengedal. Die Polizei habe zunächst einen zweiten Anschlag in Oslo erwartet.

Zu wenig Beamte waren am Einsatz beteiligt, auch das zeige der Bericht, sagte Sonderland. Künftig solle es daher eine "minimale Personalbesetzung" geben. Außerdem sollen die Kommunikationswege verbessert werden, speziell zwischen einzelnen Polizeieinheiten.
Insgesamt zählt der Bericht 54 Verbesserungsmaßnahmen auf.

Führende Politiker, wie etwa der Konservative Per-Kristian Foss oder Jan Bohler von der Arbeiterpartei, begrüßten die Entschuldigung.
Die Polizei lege damit einen "neuen Ton" an den Tag.

Breivik muss sich vom 16. April an wegen Terrorismus und vorsätzlichen Mordes vor Gericht verantworten. Ein erstes psychiatrisches Gutachten hatte den geständigen Täter für unzurechnungsfähig erklärt. Nun wird der Geisteszustand des Attentäters aber ein zweites Mal untersucht.

(dpa)
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