Paris als Hauptstadt der Uhrendiebe Jagd auf die Rolex

Paris · Paris gilt als Hauptstadt des Uhrendiebstahls. Dort haben sich Banden zu größeren Organisationen zusammengetan. Doch die Polizei verzeichnet erste Erfolge im Kampf gegen die Diebesbanden.

In Paris werden viele Uhrendiebstähle verzeichnet.

In Paris werden viele Uhrendiebstähle verzeichnet.

Foto: picture alliance / abaca/Blondet Eliot/ABACA

Die Rue Georges Bizet ist eine ruhige Straße im schicken 16. Stadtbezirk von Paris. Vor ziemlich genau einem Jahr klauten dort drei minderjährige Jugendliche einem Zahnarzt seine 40.000 Euro teure Rolex. An sich ist das kein besonderes Ereignis, denn Paris gilt weltweit nicht nur als Luxusmetropole sondern auch als Hauptstadt der Uhrendiebe. Doch diesmal schnappt die Polizei die Mitglieder der Bande schnell. Und ist davon überzeugt, dass sie es mit einer weitaus größeren Organisation zu tun hat. Tatsächlich kommt heraus, dass wenige Tage vor dem Überfall ein anonymer Anrufer die Sprechzeiten des Zahnarztes erfragte. Die Nummer wird abgehört und so kommt die Polizei einem weiteren Überfall auf die Spur. Wieder handelt es sich um einen Zahnarzt, der über Instagram seine Vorliebe für teure Uhren teilt. Vor seinem Haus wird er Ende Juni seiner Rolex im Wert von 20.000 Euro beraubt.

Die Polizei macht einen Auftraggeber und einen Logistiker aus, der dann die Handlager für den Überfall anstellt. Ende September will die Bande einen Restaurantbesitzer überfallen, der eine Patek Philippe für 250.000 Euro am Handgelenk trägt. Die beiden Drahtzieher werden aber vorher festgenommen und hüllen sich seither in Schweigen. Die Männer passen in das Profil der Uhrendiebe, die Paris und seine reichen Vororte im Westen seit Jahren unsicher machen. Meist handelt es sich um Männer in den Zwanzigern, die oft aus den Problemvierteln der Hauptstadt oder den ärmlichen Vororten kommen und gewalttätig sind. „Kriminelle, die fähig sind, ein menschliches Wesen auf den Wert der Uhr zu reduzieren, die es am Handgelenk trägt“, sagt Polizeikommissar Julien Herbaut, Chef der Gebietssicherheit von Paris, der Zeitung „Le Monde“.

Bei den Opfern handelt es sich meist um ältere Männer, oft schon über 80, die ohne ihr Wissen verfolgt und dann gewürgt werden, bis sie das Bewusstsein verlieren. Der Ort des Überfalls ist oft ein Hauseingang oder eine Tiefgarage. Geschlagen werden die Uhrenbesitzer nie, da ansonsten ihre teuren Uhren kaputt gehen könnten. Das Diebesgut wird sofort weiterverkauft, mit einem Abschlag von 20 bis 30 Prozent des ursprünglichen Wertes. Die Uhrendiebe schaden dem Ruf von Paris, dem Touristenziel Nummer eins weltweit. „Zieht eure Uhren aus, bevor ihr durch Paris spaziert“, warnte das Magazin „Forbes“ 2019.

„Sie waren in 30 Sekunden fertig“

Dabei wandelte sich die Uhrenkriminalität in den vergangenen Jahren. Noch 2013 gingen die Uhrendiebe mit viel List und ohne Gewalt vor, um sich die teuren Chronometer anzueignen. So gab es beispielsweise den Trick, Touristen beim Tangotanzen auf der Straße zu berauben. Oder sie abzulenken, indem ein imaginärer Ball zwischen ihre Füße gespielt wurde. „Sie kannten den Wert einer Uhr auf den Euro genau, übten das Öffnen verschiedener Verschlüsse und waren in 30 Sekunden fertig“, zitiert „Le Monde“ einen Spezialisten. „Ohne Gewalt und so, dass das Opfer den Verlust erst einige Minuten später merkte.“ Im Laufe der Zeit kamen neue Techniken dazu, zum Beispiel die des Motorrollerfahrers, der absichtlich den Seitenspiegel eines Autos schrammt, so dass ein Komplize dann bei geöffnetem Fenster die Uhr klauen kann. Gleichzeitig wurden die Diebe immer brutaler.

2013 schuf die Polizei eine erste Gruppe zur Bekämpfung des Uhrenklaus in Paris, inzwischen gibt es drei mit insgesamt 30 Ermittlern. „Das erlaubt es uns, sehr gute Ergebnis vorzuzeigen,“ sagt Herbaut. 60 Prozent der Fälle würden aufgeklärt. „Die Nachricht spricht sich unter den Uhrendieben herum“. Das Ergebnis: Die Zahl der Diebstähle ging zwischen 2021 und 2022 um 20 Prozent zurück. Erst vor wenigen Tagen nahm die Polizei mehrere Rumänen fest, die für rund 20 Uhrendiebstähle verantwortlich sein sollen. Das Beutegut soll einen Wert von 300.000 Euro haben. Die Uhren sind allerdings längst weiterverkauft - meist nach Belgien.

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