Stummer Segen Papst zeigt sich überraschend der Öffentlichkeit

Rom (rpo). Trotz seiner gerade erst überstandenen Operation hat sich Papst Johannes Paul II. am Sonntag überraschend am Fenster seines Krankenhauses gezeigt und die unten stehenden Gläubigen gesegnet. Vom Fenster seines Krankenzimmers winkte der 84-Jährige den rund 200 vor der Gemelli-Klinik in Rom versammelten Gläubigen zu.

Papst Johannes Paul II.
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Foto: AP

Johannes Paul segnete sie, indem er ein Kreuz schlug. Kurz zuvor hatte Erzbischof Leonardo Sandri auf dem Petersplatz das traditionelle Angelus-Gebet verlesen, an dem der Papst erstmals in seiner 26-jährigen Amtszeit nicht öffentlich teilnahm.

"Der Heilige Vater ist nicht bei uns, aber er verfolgt das Gebet aus der Gemelli-Klinik", sagte Sandri vor rund 5.000 Zuhörern auf dem Petersplatz. Er verlas eine Erklärung, in der Johannes Paul die Gläubigen bat, ihm weiter mit Gebeten beizustehen. "Ich danke euch mit Zuneigung und fühle euch mir spirituell nahe", hieß es in der Erklärung. Die Fastenzeit helfe, "die Bedeutung des Leids besser zu verstehen, das uns alle auf die eine oder andere Art betrifft".

Bei seinem letzten Krankenhausaufenthalt zu Monatsbeginn hatte der Papst den kurzen Angelus-Segen noch selbst von seinem Krankenzimmer aus gesprochen. Der Segen wurde damals auf vier Großleinwände auf den Petersplatz übertragen. Nach seiner Luftröhren-Operation am Donnerstagabend soll der Papst auf ärztlichen Rat hin aber vorerst nicht sprechen. Am Samstag machte er in seinem Krankenzimmer jedoch erste Übungen, indem er einzelne Worte sprach, wie die Zeitung "Il Messaggero" berichtete.

Bislang hatte es sich der Papst nie nehmen lassen, sonntagmittags einige Worte an die Gläubigen zu richten - selbst auf Reisen und unter widrigsten Umständen. Als er 1981 bei einem Attentat schwer verletzt wurde, fand er dennoch die Kraft, vom Fenster seines Krankenzimmers aus den Angelus-Segen zu sprechen. Nach der Entfernung eines Tumors 1992 hatte Johannes Paul eine Botschaft und ein Gebet auf Band gesprochen, das dann am Sonntag den Gläubigen auf dem Petersplatz vorgespielt wurde.

Mit dem Luftröhrenschnitt am Donnerstag sollten die heftigen Atembeschwerden des Papstes erleichtert werden. Die nächste offizielle Mitteilung zum Gesundheitszustand des 84-Jährigen wurde erst am Montag erwartet.

Der Präsident des italienischen Abgeordnetenhauses, Pier Ferdinando Casini, zeigte sich nach einem Besuch in der Gemelli-Klinik aber zuversichtlich. Die Gemütsruhe des langjährigen Papstvertrauten Erzbischof Stanislaw Dziwisz habe ihn beruhigt, sagte Casini am Samstag. Man atme im Krankenzimmer eine "Atmosphäre der Gelassenheit", die mehr sage als alles, was er ausdrücken könne.

Pessimistisch äußerte sich dagegen der australische Kardinal George Pell. "Wir wissen nicht, wie die Prognose lautet", sagte er den Gläubigen in einer Messe in Sydney. Einen Rücktritt des Papstes schloss Pell für den Fall nicht aus, dass sich dessen Zustand weiter verschlechtern sollte.

Die Gemelli-Klinik wurde unterdessen mit Blumen und schriftlichen Genesungswünschen förmlich überhäuft. Ein in Argentinien geborener Bildhauer gab ein besonderes Geschenk für das Papst ab: eine hölzerne Skulptur, die den Kopf des leidenden Christus darstellt.

(afp)
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