Franziskus fordert auch neues globales Wirtschaftssystem Papst spricht Mafia-Gegner selig

Palermo · Erstmals hat die katholische Kirche ein Opfer der italienischen Mafia seliggesprochen. An der Zeremonie zu Ehren des ermordeten Priesters Pino Puglisi in einem Stadion der sizilianischen Hafenstadt Palermo nahmen am Samstag zehntausende Gläubige teil. Papst Franziskus lobte Puglisi am Sonntag dafür, dass er "junge Menschen von der Mafia ferngehalten" habe.

Ermordeter Pater wird seliggesprochen
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Die Zeremonie in Palermo wurde von Kardinal Salvatore De Giorgi geleitet. An ihr nahmen auch dutzende Priester sowie Italiens Innenminister Angelino Alfano und Justizministerin Annamaria Cancellieri teil. Die Seligsprechung ist der erste Schritt zur Heiligsprechung. Der Papst betete am Sonntag mit zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom für die "Männer, Frauen und Kinder, die von der Mafia ausgebeutet werden".

Pater Pino Puglisi war an seinem 56. Geburtstag, dem 15. September 1993, vor seinem Haus im Stadtviertel Brancaccio von vier Männern erschossen worden. Berichten zufolge lächelte er, als er sie sah. "Ich habe auf Euch gewartet", soll der Priester gesagt haben, dessen Gemeinde in einem wegen hoher Kriminalität verrufenen Viertel lag. Der Mord an dem Geistlichen schockierte Italien, wo Mafiosi sonst dafür bekannt sind, regelmäßig zum Gottesdienst zu erscheinen.

Alle vier Täter wurden gefasst und zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwei von ihnen wandten sich später gegen die Mafia und wurden zu Kronzeugen in Prozessen, bei denen dutzende Mafiamitglieder verurteilt wurden. Der Mord wurde von den örtlichen Mafiapaten Filippo und Giuseppe Graviano angeordnet. Die beiden, die ebenfalls eine lebenslange Haftstrafe wegen des Mords absitzen, waren offenbar wütend, weil Puglisi offen gegen die Mafia predigte und die Jugend aufforderte, sich von ihr abzuwenden.

"Es gab Kirchenleute, die mit der Mafia kooperierten, und dann gab es andere wie Puglisi, die dagegen kämpften", sagte Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando. Erzbischof Vincenzo Bertolone sagte, die Mafia sei nicht nur ein kriminelles Phänomen, sondern eine Art Religion, die keinen anderen Glauben neben sich dulde. Puglisis Bruder Gaetano hatte jedoch in einem kürzlich erschienen Buch die Kirche kritisiert. "Die Kirche spricht ihn nun selig, aber als er Hilfe brauchte, half ihm niemand", schrieb er.

Papst fordert neues globales Wirtschaftssystem

Papst Franziskus mahnt angesichts weltweit wachsender Armut und Arbeitslosigkeit zur Reform des globalen Wirtschaftssystems. Solidarität könne sich in der gegenwärtigen Krise nicht allein auf die Unterstützung von Bedürftigen beschränken, sagte der Papst am Wochenende bei einer Audienz für Experten der katholischen Soziallehre im Vatikan. Das gesamte globale System müsse auf den Prüfstand gestellt und mit den fundamentalen Rechten aller Menschen in Einklang gebracht werden.

Man könne heute nicht mehr einfach sagen, dass nur auf der südlichen Erdhalbkugel "etwas nicht funktioniert", so der Papst. Auch in der westlichen Welt breiteten sich Armut und Arbeitslosigkeit in besorgniserregender Weise aus. Das Wort "Solidarität", das heute in Kreisen der Wirtschaft häufig einen schlechten Klang habe, müsse wieder eine staatsbürgerliche Tugend werden, betonte Franziskus.
Zugleich bekräftigte er, dass die Wirtschaftskrise im Kern ein ethisches Problem sei. Die Menschen stellten Macht, Profit und Geld über die Würde der Person. Demgegenüber gelte es, den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen.

Bereits Anfang des Monats hatte Papst Franziskus eine "egoistische Profitgier" als Ursache für weltweit wachsende Arbeitslosigkeit angeprangert. Profitgier sei häufig der Grund dafür, dass Menschen ihre Arbeit verlören, sagte das Kirchenoberhaupt anlässlich des Gedenktags für den heiligen "Joseph, den Arbeiter" am 1. Mai. Die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft forderte Franziskus dabei in seiner Ansprache auf, "alles zu tun", um die Beschäftigung zu fördern. Arbeit sei ein "fundamentaler Bestandteil der Menschenwürde" und gehöre zum "Plan der Liebe Gottes", so Franziskus.

(AFP/jco)
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