Viele Tote bei neuem Flüchtlingsdrama vor Lampedusa Papst prangert Gleichgültigkeit Europas an

Assisi · Nach der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa haben Retter die Suche nach Opfern fortgesetzt. Mehr als 111 Leichen wurden bereits geborgen. Flüchtlingsorganisationen fordern Europa auf, die Grenzen zu öffnen. Papst Franziskus warf der Politik "Gleichgültigkeit" vor. Er sprach von einem "Tag der Tränen".

 Der Heilige Vater besuchte in Assisi junge Menschen mit Behinderungen.

Der Heilige Vater besuchte in Assisi junge Menschen mit Behinderungen.

Foto: ap, Gregorio Borgia

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat heftige Kritik an der europäischen Asylpolitik geäußert. "Europa schließt seine Grenzen und heuchelt dann Betroffenheit, wenn die Folgen des Ausbaus zur Festung sichtbar werden" sagte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, am Donnerstag. Er forderte die Öffnung der Grenzen Europas für Flüchtlinge.

Auch Papst Franziskus zeigte sich bei seinem Besuch in Assisi schockiert. "Heute ist ein Tag der Tränen", sagte das katholische Kirchenoberhaupt in der zentralitalienischen Kleinstadt mit Blick auf den Untergang eines Flüchtlingsschiffs kurz vor der italienischen Insel, bei dem am Donnerstag womöglich bis zu 300 Afrikaner ums Leben gekommen waren.

Papst spricht von Schande

Sichtlich bewegt verurteilte der Papst "die Gleichgültigkeit gegenüber jenen, welche die Sklaverei, den Hunger fliehen, um die Freiheit zu suchen, doch stattdessen den Tod finden, wie gestern in Lampedusa".

Franziskus hatte am Donnerstag im Vatikan gesagt, es könne nur als "Schande" bezeichnet werden, dass schon wieder Menschen bei einem solchen Unglück ums Leben gekommen seien. "Wir müssen uns zusammenschließen, damit diese Tragödien aufhören", forderte der Papst.

"Jesus ist präsent und verborgen in diesen Kindern"

Zum Beginn seines Besuchs in Assisi am Freitag traf der Papst in einem kirchlichen Heim eine Gruppe körperlich und geistig Behinderter. "Jesus ist präsent und verborgen in diesen Kindern", sagte der Papst, der jeden einzelnen der Behinderten im Alter von fünf bis 45 Jahren begrüßte.

Umgeben von den acht Kardinälen der von ihm eingesetzten Reformkommission äußerte er Kritik an der vorherrschenden "Kultur der Zurückweisung", die besonders die Schwachen treffe.

Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio hatte bei seiner Wahl im März den Namen Franziskus angenommen. Er bezog sich damit auf den Heiligen Franz von Assisi, der Friedfertigkeit, Armut und den Schutz der Schöpfung Gottes gepredigt hatte.

Der für seine bescheidende Lebensweise bekannte Papst tritt mit Nachdruck für eine Reform des Vatikans ein und fordert eine "arme Kirche für die Armen". Mit dem Besuch in Assisi will er den Weg für eine Wiederannäherung der Kirche an die Armen und Kranken weisen.

(AFP)
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