5.30 Uhr Papst gelobt seinem Nachfolger Gehorsam

5.30 Uhr · Am letzten Tag seines Pontifikats erlebte der Papst noch einmal Bürde und Bürokratie seines Amtes. Um 20 Uhr schlossen sich die Tore des Palastes. Die Schweizer Garde zog ab. Gleichzeitig wurden die Gemächer des Papstes im Apostolischen Palast versiegelt.

Der letzte Tag des Pontifikats beginnt mit einem guten Stück Routine. An diesem letzten Februartag des Jahres 2013 wird der Papst wie immer um halb sechs geweckt. Ausschlafen, das wird es auch in Zukunft nicht geben. Seit seinen Tagen als Seminarist erlebt der nunmehr 85-Jährige morgens das Zwitschern der Vögel. Benedikt XVI. hat wie jeden Tag der vergangenen acht Jahre sein Gewand als Pontifex übergestreift. Dann hat sich der Heilige Vater ein letztes Mal mit einer Tasse Kaffee in die Anticamera Segreta zurückgezogen, die eigens zu Beginn seines Pontifikats für ihn eingerichtete Privatbibliothek im päpstlichen Appartamento.

6.30 Uhr Um halb sieben hat sich Benedikt XVI. ein letztes Mal als Papst das weiße Pileolum aufs Haupt gesetzt. Anschließend werden Matutin und Laudes gebetet, bevor er um 7 Uhr die Messe in der päpstlichen Privatkapelle feiert. Dort sind wie immer auch die beiden Sekretäre, Erzbischof Georg Gänswein und der Malteser Alfred Xuereb, sowie seine vier Haushälterinnen zugegen. Die vier Memores werden Benedikt nach Castel Gandolfo und später auch in das Vatikankloster Mater Ecclesiae begleiten.

8 Uhr Sein letztes Frühstück im Apostolischen Palast nimmt das Oberhaupt der katholischen Kirche um 8 Uhr ein. Serviert wird es nicht wie viele Jahre vom untreu gewordenen Kammerdiener Paolo Gabriele, sondern vom neuen Majordomus Sandro Mariotti, genannt Sandrone. Auch Sandrone wird um 17 Uhr den Helikopter besteigen, der die päpstliche Familie nach Castel Gandolfo fliegt.

9—11 Uhr Benedikt zieht sich wie jeden Morgen in sein Arbeitszimmer zurück, setzt seine Brille auf und liest die Dokumente, die ihm die Privatsekretäre vorbereitet haben. Dort absolviert der Papst auch seine letzten Amtsakte. Mit seiner krakeligen, schwer zu entziffernden Handschrift setzt er die letzten Unterschriften. "Benedikt XVI.", schreibt er noch einmal unter die beiden letzten Nominierungen seines Pontifikats. Jetzt sind die oft mühsamen Routinehandlungen historische Akte. Die beiden sind hierzulande Unbekannte, aber der Papst hat vor seinem Rücktritt Samuel Jofré zum Bischof von Villa Marìa in Argentinien ernannt und Monsignor Joseph Dinh Duc Dao zum Auxiliarbischof in Vietnam. Dann erledigt Benedikt die letzte Korrespondenz

11—13 Uhr 144 Kardinäle, Dutzende Bischöfe, Präfekte der Kongregationen und hohe Kurienmitarbeiter warten in der Sala Clementina im Apostolischen Palast auf ihren persönlichen Abschied vom Papst. Kardinaldekan Angelo Sodano, der das Vorkonklave, also die informellen Beratungsgespräche des Kollegiums, leiten wird, hat die Kardinäle zuvor auf den Beginn der Beratungen hingewiesen und gebeten, dass sie sich ab kommender Woche bereithalten sollen. Unter den Kardinälen ist auch Erzbischof Oscar Rodriguez Maradiaga aus Honduras. Er wolle alles tun, um bei dieser Verabschiedung dabei zu sein, hatte der Kardinal noch aus seiner Heimat wissen lassen. "Ich hoffe, Iberia streikt nicht", schrieb er per E-Mail vor der Abreise nach Rom. Iberia hat offenbar nicht gestreikt, möglicherweise ist das keine unwichtige Fußnote für die Christenheit. Der hochgebildete und charismatische Maradiaga (70) gilt als heißer Kandidat für die Nachfolge Benedikts. Der Papst hat jetzt den Lift aus seiner Wohnung im dritten Stock des Apostolischen Palasts zusammen mit Erzbischof Gänswein betreten und ist in den zweiten Stock hinuntergefahren. Im warmen, roten, von Hermelinfell gesäumten Mantel hat er den Saal betreten und unter dem Applaus der Kardinäle, Bischöfe und Monsignori seinen Platz mit Blick auf das Kollegium eingenommen. Er sagt: "Für mich war es eine Freude, mit euch in diesen Jahren den gemeinsamen Weg zu gehen." Auch Wolken hätten den Himmel verdunkelt, damit sind die teilweise offen ausgetragenen Konflikte in der Kurie und die Skandale etwa um Missbrauch gemeint. Aber der Papst will dem Kollegium vertrauen. Dann leistet Benedikt einen bedeutenden Schwur: "Heute verspreche ich dem künftigen Papst unbedingte Ehrfurcht und Gehorsam."

13.30—17 Uhr Um 13.30 Uhr haben sich Benedikt und seine engsten Mitarbeiter ein Mittagessen verdient. Um 16.55 Uhr fährt im San-Damaso-Hof die Limousine vor, die Benedikt zum Hubschrauberlandeplatz bringt. Der Papst besteigt den Helikopter, der über die Stadt Rom hinweg in die päpstliche Sommerresidenz nach Castel Gandolfo fliegt. Eine halbe Stunde später, von der Loggia des Palastes in Castel Gandolfo aus, grüßt Benedikt ein letztes Mal die Gläubigen.

20 Uhr Die Tore des Palastes schließen sich. Die Schweizer Garde zieht ab. Gleichzeitig werden die Gemächer des Papstes versiegelt. Benedikts Pontifikat ist jetzt zu Ende.

(RP/csi)
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