Versöhnungsbesuch am Donnerstag Papst Benedikt reist ins Vereinigte Königreich

London (RPO). Es ist ein ebenso historischer wie heikler Besuch, den das Vereinigte Königreich am Donnerstag erwartet: Zum ersten Mal seit fast einem halben Jahrtausend - seit sich Heinrich VIII. im Jahr 1534 vom Heiligen Stuhl in Rom lossagte - reist das Oberhaupt der katholischen Kirche zu einem Staatsbesuch nach Großbritannien.

Der Papst besucht das Turiner Grabtuch
9 Bilder

Der Papst besucht das Turiner Grabtuch

9 Bilder

Ungeachtet der jahrhundertealten Differenzen und der jüngsten Meinungsverschiedenheiten um die Priesterweihe für Frauen will Benedikt XVI. die katholische und die anglikanische Kirche näher zusammenrücken. Doch es wird mit Spannungen und Protesten gegen den Besuch Benedikts gerechnet.

Mit einer Reihe symbolischer Gesten will der Papst bei seinem Besuch von Donnerstag bis Sonntag der anglikanischen Kirche entgegenkommen. Am Freitag nimmt er an einem Gottesdienst in der Westminster Abbey teil, wo traditionell die britischen Monarchen gekrönt werden. Geleitet werden soll die Messe vom Oberhaupt der anglikanischen Kirche, dem Erzbischof von Canterbury Rowan Williams. Auch ein Treffen mit dem als liberal geltenden Erzbischof in dessen offizieller Londoner Residenz, dem Lambeth Palace, ist vorgesehen.

Papst-Besuch ist eine Chance

Der Papst-Besuch sei eine "Chance, die Beziehungen zwischen den Christen zu fördern und uns auf dem Weg Richtung Versöhnung und der Einigkeit beider Kirchen voranzubringen", sagte der Dekan von Westminster Abbey, John Hall, AFP. Vor gerade einmal elf Monaten hatte es noch erhebliche Irritationen zwischen den beiden Kirchen gegeben. Der Vatikan bot konservativen Anglikanern, denen die zunehmend liberale Haltung ihrer Kirche zur Priesterweihe von Frauen und zur Homosexualität aufstieß, den Übertritt zur katholischen Kirche an.

Die britische Zeitung "Times" sprach damals von der "explosivsten Entwicklung in den anglikanisch-katholischen Beziehungen" seit der englischen Reformation im 16. Jahrhundert. Damals hatte sich die anglikanische von der katholischen Kirche abgespalten, nachdem sich Papst Clemens VII. geweigert hatte, die Ehe des englischen Königs Heinrich VIII. annullieren zu lassen.

Theologisch trennte beide Glaubensgemeinschaften über Jahrhunderte nicht viel, allerdings erkennen die Anglikaner die Sonderstellung des Papstes nicht an. Erst im Jahr 1982 setzte wieder ein Papst - Johannes Paul II. - seinen Fuß auf britischen Boden, dabei handelte es sich jedoch nicht um einen offiziellen Staatsbesuch.

Benedikt XVI. wird bei seinem Besuch nun auch mit Protesten rechnen müssen. Ein Bündnis unterschiedlichster Gruppen kündigte an, am Samstag in London auf die Straße zu gehen und dabei gegen Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche oder die Haltung des Vatikan zu Abtreibungen und zur Priesterweihe von Frauen zu demonstrieren.

Hohe Kosten bei Besuch

"Papst Benedikt ist überhaupt nicht im Gleichschritt mit den modernen, liberalen britischen Werten", sagt Terry Tatchell, einer der Organisatoren, die bei ihrem Protestmarsch mit rund 2000 Teilnehmern rechnen. "Die Leute lehnen seine reaktionäre Haltung zu weiblichen Priestern, zur Gleichberechtigung von Homosexuellen und dem Benutzen von Kondomen gegen die Verbreitung von HIV ab."

Für Kontroversen sorgten zuletzt auch die hohen Kosten des Besuchs in Großbritannien, wo nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung Katholiken sind. Nach offiziellen Angaben übernimmt die Regierung von den Gesamtkosten von umgerechnet rund 27 Millionen Euro zwischen zwölf und 14 Millionen. Ebenfalls umstrittenen ist der Schritt der britischen katholischen Kirche, die Besucher der Gottesdienste während des Papst-Besuches zu einer "finanziellen Beteiligung" aufzufordern.

Auch die Messe in Westminster Abbey könnte sich letztlich als konfliktträchtiger als gewünscht erweisen. Denn eröffnet wird der Gottesdienst von Jane Hedges: Die Priesterin setzt sich vehement für die Ordination von Frauen in der anglikanischen Kirche ein - eine Haltung, die der Vatikan noch im Juli als "Verbrechen gegen den Glauben" gegeißelt hatte.

(AFP/nbe)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort