Im Oman Simulation einer Mars-Mission mit Rambo-Rettich und 3-D-Drucker

Berlin · In der Theorie lassen sich Reisen zum Mars planen. Aber wie sieht die Praxis aus? Wissenschaftler haben in der Wüste getestet, wie sich das Leben auf dem Roten Planeten anfühlen könnte.

 Astronauten Joao Lousada (l.) und Stefan Dobrovolny stehen in der Wüste im Oman vor dem Sonnenuntergang.

Astronauten Joao Lousada (l.) und Stefan Dobrovolny stehen in der Wüste im Oman vor dem Sonnenuntergang.

Foto: dpa/Florian Voggeneder

Ohne den 3-D-Drucker wäre es ganz schön brenzlig geworden, sagt Carmen Köhler. Denn die Bauchschnalle ihres Mars-Anzugs war bei einem Außeneinsatz in Staub und Geröll kaputtgegangen. Der Drucker zauberte passgenau einen neuen Verschluss. Köhler, 37, Mathematikerin und promovierte Physikerin aus Berlin, war zwar nicht auf dem echten Mars unterwegs. Doch sie hat im Februar als Wissenschaftlerin eine Mission zum Roten Planeten mit simuliert - mitten in der Wüste des Sultanats Oman. Bei fast 40 Grad Hitze trug sie einen 50 Kilo schweren Raumanzug. „Das war mehr als Spielerei“, sagt sie. „Es fühlte sich an wie eine andere Welt.“

Eine Reise zum Mars - davon träumen Wissenschaftler schon lange. Der Nachbarplanet der Erde, durchschnittlich rund 200 Millionen Kilometer entfernt, fasziniert Forscher vor allem wegen einer Frage: Gibt es dort zwischen Kratern, Canyons, Geröll und Staub Leben - oder ist die Erde in unserem Sonnensystem einzigartig?

 Astronautin Carmen Köhler (r.) hält einen Astronautenhelm über den Kopf einer Omanischen Repräsentantin.

Astronautin Carmen Köhler (r.) hält einen Astronautenhelm über den Kopf einer Omanischen Repräsentantin.

Foto: dpa/Florian Voggeneder

Strahlung und Muskelschwund

Bislang gibt es vom Mars Bilder von Raumsonden und Roboter-Messungen am Boden. Ein genaueres Bild könnte eine bemannte Mission zeichnen. In der Theorie würde sie bis zu 1000 Tage dauern. Es könnten allerdings noch Jahrzehnte vergehen, bis ein Raumschiff samt Astronauten zum Mars fliegt. Die Herausforderungen seien immens - nicht nur technisch, sondern auch für die Astronauten selbst, sagte jüngst Jan Wörner, Chef der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Die Probleme heißen dann zum Beispiel Strahlung und Muskelschwund.

Gernot Grömer schreckt das alles nicht. „Heute heißt die Frage nicht mehr, ob wir zum Mars fliegen, sondern wann“, sagt der Leiter des Österreichischen Weltraum Forums. Er hält eine bemannte Mission in 20 oder 30 Jahren für machbar.

Grömer, 43, hat die jüngste Simulation in der Wüste Omans als „Kommandant“ geleitet. Die Experimente haben - wie andere und weitaus längere Simulationen zuvor - der internationalen Marsforschung einige neue Erfahrungen beschert.

Whatsapp für den Mars

Zum Beispiel die Sache mit dem Rettich. Die Astronauten in der Wüste haben es geschafft, in einem aufblasbaren Gewächshaus in 15 Tagen bis zu fünf Kilo des vitaminreichen Gemüses auf einem Quadratmeter zu kultivieren. Daraufhin bekam das Saatgut den Namen „Rambo Rettich“.

In der Wüste hat das Team auch Elektrofahrzeuge getestet, die wie Quads mit Panzerketten über das Geröll rattern. Und für die Kommunikation wünscht sich Grömer nach der Simulation eine Art Whatsapp für den Mars. Denn sonst sei eine Frage bei der großen Entfernung zur Erde zehn Minuten unterwegs, eine Antwort ebenfalls. „Sinnvoller sind in jedem Fall Chats“, sagt Grömer.

 Eine Luftaufnahme zeigt die AMADEE-18 Basisstation

Eine Luftaufnahme zeigt die AMADEE-18 Basisstation

Foto: dpa/Florian Voggeneder

Carmen Köhler hat in der Wüste in ihrem Raumanzug zum Beispiel die Strahlung gemessen. „Es dauert zwei Stunden, diesen Anzug anzuziehen“, berichtet sie. „Darin habe ich mich wie in einem eigenen Raumschiff gefühlt.“ Und jede Bewegung habe unglaublich schwerfällig gewirkt. „So als ob eine Kaffeetasse plötzlich fünf Kilo wiegt.“ Das runde Visier habe die Sicht zu einem Fischaugen-Effekt verzerrt.

Bastler-Typen sind gefragt

Wichtig war Köhler aber auch, auf Effekte auf die Psyche zu achten. Bei der Simulation, isoliert vom Rest der Welt, wurde geschaut, ob sich das Stresslevel der Crewmitglieder allein schon an ihrer Wortwahl oder ihrem Tonfall ablesen lässt. Es sei wichtig, dass sich das Team zu Beginn einer solchen Mission gut kenne, sagt Köhler. „Es ist gut zu wissen, wer ein Scherzkeks ist und wer nicht.“

Und was muss ein Astronaut auf dem Mars alles können? „Einen Knochenbruch schienen, ein Computerprogramm schreiben und ein schmackhaftes Menü kochen“, fasst Grömer zusammen. „Wir brauchen Bastler-Typen mit investigativen Genen und gehörigem Respekt vor der Natur.“

(eler/dpa)
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