Nach Großbrand in Notre-Dame Regierung rechnet mit einer Milliarde Euro Spenden für Wiederaufbau

Paris · Fast 900 Millionen Euro wurden bereits für den Wiederaufbau gespendet. Die Regierung rechnet noch heute mit einer Milliarde Euro. Die Kathedrale bleibt fünf bis sechs Jahre geschlossen. Macron rief für den Spitzturm einen internationalen Architektenwettbewerb aus.

Notre-Dame: So beschädigt ist die Kathedrale in Paris von innen
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So beschädigt ist die Kathedrale von innen

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Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Für die Wiederherstellung der Kathedrale Notre-Dame in Paris haben Normalbürger und einflussreiche Unternehmen am Tag nach dem Brand fast 900 Millionen Euro gespendet. „Ich denke, wir werden heute noch die Milliardengrenze überschreiten“, sagte Stéphane Bern, der im Auftrag von Staatschef Emmanuel Macron für die Renovierung historischer Baudenkmäler in Frankreich zuständig ist, am Mittwoch dem Sender RMC. Für den Wiederaufbau wird die Kathedrale nach Angaben ihrer Leitung für fünf bis sechs Jahre geschlossen sein.

Zu den Spendern gehören das Unternehmen Apple, die Besitzer von L'Oréal, Chanel und Dior, Katholiken und andere Bürger aus Frankreich und anderen Ländern. Die französische Kulturerbe-Stiftung Fondation du Patrimoine hat eine Spendensammlung gestartet und eine entsprechende Webseite eingerichtet. Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, schlug eine internationale Spenderkonferenz vor, um weitere Gelder zu sammeln.

Nach Kritik an den Spenden mehrerer französischer Milliardärsfamilien will die Regierung die Absetzbarkeit von der Steuer neu regeln: Nach den Worten Philippes sollen Spenden bis 1000 Euro zu 75 Prozent absetzbar sein, höhere jedoch nur zu 66 Prozent.

Die Versicherungsgesellschaft Groupama kündigte etwa an, 1300 hundertjährige Eichen zu spenden. Der bei dem Brand zerstörte Dachstuhl war eine riesige Holzkonstruktion. Die Holzindustrie schlug vor, dass jeder private Waldbesitzer eine Eiche spenden soll.

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat eine fünfjährige Frist für die Wiederherstellung des Wahrzeichens aus dem 12. Jahrhundert vorgegeben. Er nannte die Franzosen ein „Volk von Baumeistern“. „Im Laufe unserer Geschichte haben wir Städte, Häfen und Kirchen gebaut. Viele sind verbrannt oder zerstört worden (...). Jedes Mal, haben wir sie wieder aufgebaut“, sagte er. Die Verkündung seiner Reformmaßnahmen im Zuge der „Nationalen Debatte“ verschob Macron auf unbestimmte Zeit.

Die französische Regierung kündigte einen internationalen Wettbewerb für den Bau des Spitzturm an. Der mehr als 90 Meter hohe Turm war bei dem Brand eingestürzt. Der neue Turm solle "den Techniken und Herausforderungen unserer Epoche angemessen" sein, sagte Edouard Philippe nach einer Kabinettssitzung, die ausschließlich dem Wiederaufbau der Kathedrale gewidmet war.

Die Behörden betrachten den verheerenden Brand vom Montag als Unfall. „Nichts weist derzeit in die Richtung einer vorsätzlichen Tat“, sagte Staatsanwalt Rémy Heitz am Dienstag. Nun würden Zeugen angehört – auch Arbeiter, die Renovierungsarbeiten ausführten. Auf dem Dach von Notre-Dame hatten die Bauarbeiter ein Gerüst angebracht. Nach ersten Erkenntnissen der Feuerwehr wurden bei dem Einsatz drei Menschen leicht verletzt – zwei Polizisten und ein Feuerwehrmann.

Zwei Drittel des Daches und der Spitzturm wurden bei dem Brand zerstört. Auf Bildern aus dem Inneren der Kirche sind die verkohlten Trümmer des Daches zu sehen, aber auch das glänzende goldene Kreuz über dem Altar und Statuen, die immer noch an ihrem Platz stehen. Während die Struktur des Gebäudes stabil blieb, fielen zahlreiche Kunstschätze den Flammen zum Opfer, auch die Hauptorgel wurde beschädigt. Mehrere kostbare Reliquien konnten jedoch gerettet werden. Am Dienstag wurde der Hahn gefunden, der die Turmspitze geziert hatte. Zunächst war angenommen worden, dass er im Feuer geschmolzen war.

Die Hilfsbereitschaft für den Wiederaufbau ist groß im Vergleich zu anderen Bränden: Während für Notre-Dame innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Brand bereits mehrere hundert Millionen Euro Spenden gesammelt wurden, kamen für das im September vergangenen Jahres abgebrannte Nationalmuseum von Rio kaum Gelder zusammen. Umgerechnet gerade einmal 225.000 Euro gingen bisher ein, wie die Museumsleitung am Mittwoch mitteilte. Der Großteil der Summe stamme aus Deutschland. Das deutsche Auswärtige Amt hatte dem Museum eine Soforthilfe von bis zu einer Million Euro zugesagt. Bisher seien davon 182.000 Euro geflossen.

(lhen/dpa/KNA/AFP)
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