Neues Interview Natascha Kampusch: "Wirklich frei ist man nie"

Düsseldorf (rpo). In den ersten sieben Wochen in Freiheit hat Natascha Kampusch die Welt neu entdeckt. In einem Interview mit einer österreichischen Zeitung sprach die 18-Jährige jetzt über ihre erste Wahl, ihren erster Hamburger und Begegnungen in der U-Bahn. Frei fühle sie sich bisher allerdings nicht.

"Ich habe irrsinnig viele Verpflichtungen", sagte sie in einem Interview, das die österreichische Zeitung "Der Standard" am Mittwoch veröffentlichte. "Wirklich frei ist man nie." Allerdings genieße sie es, dass sie nun frei entscheiden könne, was sie esse. Am Wochenende habe sie zum ersten Mal Fast Food gegessen — einen Hamburger. "Das habe ich ethisch und moralisch bedenklich gefunden, zudem auch noch ungesund", sagte sie der Zeitung.

Acht Jahre lang war Natascha Kampusch in einem Kellerverlies in Wien gefangen gewesen, bis ihr vor sieben Wochen die Flucht gelang. Seit dem sei "irrsinnig viel passiert", sagte Kampusch. Den Medienrummel um ihre Person fand sie schrecklich. Es gebe eben nicht nur nette, sondern auch "irre Menschen, die einen belästigen. Und vor allem die Journalisten, die einem an jeder Straßenecke auflauern und in einem unbedachten Moment fotografieren oder Unwahrheiten verbreiten."

"Er hat gedroht, Zeugen umzubringen"

Berichte, dass sie vielleicht schon früher hätte flüchten können, empfand Kampusch als sehr schmerzhaft. Ihr Entführer Wolfgang Priklopil sei immer an ihrer Seite gewesen. "Er hat gedroht, Zeugen umzubringen, dann mich und dann sich selbst — und ich wollte ja auch nicht unbedingt, dass er sich selbst etwas antut", sagte sie der Zeitung.

Mit der öffentlichen Aufmerksamkeit umzugehen, ist für die18-Jährige nicht leicht. Wenn sie an lauten Orten mit vielen Menschen sei, habe sie immer Ohropax dabei und trage eine Schutzbrille, um nicht direkt erkannt zu werden. "Manche schauen demonstrativ weg", sagte sie der Zeitung. "Und viele Leute erkennen mich nicht, denn sie erwarten mich zum Beispiel nicht in der U-Bahn."

"Gestern habe ich mit meiner Oma getanzt"

Wie in ihrem ersten Interview zeigte sich Natascha Kampusch sehr selbstbewusst. Auf die Frage der Reporterin, ob sie sich von den Medien als Kunstfigur behandelt fühle, entgegnete Kampusch: "So möchte ich diese Frage nicht gestellt haben. Stellen Sie sie noch einmal! Das ist so allgemein." Es störe sie allerdings sehr, wenn manche Leute behaupten, sie sei manipuliert.

Einen regelmäßigen Alltag gibt es für Natascha Kampusch noch nicht. "Gestern habe ich mit meiner Oma zu Jack Johnson getanzt", sagte sie der Zeitung. Eine ihrer Katzen sei mittlerweile gestorben. Sie wolle aber keine Haustiere mehr halten. "Ich bin selber eingesperrt gewesen. Bei einem armen Hund, der allein in der Wohnung ist, sehe ich nicht sehr viel Unterschied zu meiner früheren Situation."

Bei der österreichischen Nationalratswahl vor einigen Tagen hat die 18-Jährige zum ersten Mal gewählt. Im Wahlkampf sei ihr aufgefallen, "dass manche Politiker nur nach Aussehen und Schönheit gewählt werden wollen". Einen besonders guten Eindruck haben die österreichischen Politiker bei der jungen Frau offenbar nicht hinterlassen.

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