Ausschreitungen in Nantes Polizist hat 22-Jährigen offenbar nicht in Notwehr erschossen

Nantes · Nach dem tödlichen Schuss auf einen 22-Jährigen in Nantes hat der verantwortliche Polizist Falschangaben eingeräumt. Sein Anwalt sagte am Freitag, der Beamte habe anders als bisher dargestellt nicht in Notwehr gehandelt.

 In Nantes hängen Poster, auf denen Gerechtigkeit für Aboubakar gefordert wird.

In Nantes hängen Poster, auf denen Gerechtigkeit für Aboubakar gefordert wird.

Foto: AP/Michel Euler

Nach dem Tod des jungen Mannes kam es in der westfranzösischen Stadt die dritte Nacht in Folge zu Krawallen.

Der Anwalt des Polizisten sagte der Nachrichtenagentur AFP: "Er hat zugegeben, Angaben gemacht zu haben, die nicht der Wahrheit entsprechen." Gegenüber Generalinspekteuren der nationalen Polizei habe er nun angeführt, bei dem Schuss habe es sich um einen "Unfall" gehandelt. Bisher hieß es, er habe in Notwehr auf den jungen Mann geschossen, nachdem dieser mit seinem Auto einen Kollegen bei einer Verkehrskontrolle angefahren habe.

Wegen Zweifeln an der Darstellung des Schützen ist dieser bereits seit Donnerstag in Polizeigewahrsam, die Ermittler werfen ihm "mutwillige Gewalt" mit Todesfolge vor. Er sollte seinem Anwalt zufolge noch am Freitag einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden, der über die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens entscheidet.

Wegen des Vorfalls kam es erneut zu Ausschreitungen. Mehr als 50 Autos brannten nieder, darunter auch das von Bürgermeisterin Johanna Rolland. Zudem zündeten die Unruhestifter Schulen und andere öffentliche Gebäude an. In dem Ort Garges-lès-Gonesse nördlich von Paris, woher der Tote stammt, wurden Mülleimer angezündet und ein Polizeiauto angegriffen.

Ausschreitungen in Nantes

Rund tausend Demonstranten forderten in Nantes "Gerechtigkeit" für den 22-Jährigen und die "Wahrheit" über die Umstände seines Todes. Die Regierung hatte zuvor eine lückenlose Aufklärung zugesagt. Der junge Mann, der von örtlichen Medien als Aboubakar F. identifiziert wurde, war der Polizei wegen "bandenmäßigen Diebstahls" bekannt.

Frankreichs Polizei gilt wegen der Anschlagsserie mit mehr als 240 Toten seit Januar 2015 als notorisch überlastet. Zudem sehen sich viele Polizisten zunehmenden Attacken in Vorstädten ausgesetzt. Bewohner der Banlieues werfen den Beamten ihrerseits brutale Methoden und einen übertriebenen Schusswaffengebrauch vor.

Die Festnahme eines Mannes in einer Vorstadt von Paris verdeutlicht das angespannte Verhältnis von Polizei und Bewohnern: Ihm wird vorgeworfen, gemeinsam mit einem anderen ein Polizistenpaar mit Fäusten und Fußtritten malträtiert zu haben. Die Männer warfen der Beamtin vor, sie zu Unrecht kontrolliert zu haben. Präsident Emmanuel Macron verurteilte auf Twitter die "Schandtat und Feigheit" der Täter.

(felt/AFP)
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