Rebekah Brooks verhaftet Murdochs Frau fürs grobe Ganze

London (RP). Bis vor wenigen Tagen war Rebekah Brooks die mächtigste Figur im Imperium des australischen Medienunternehmers Rupert Murdoch. Nun - mit der britischen Abhöraffäre - erlebt sie einen Absturz sondergleichen. Es ist das Ende einer faszinierenden, aber auch bestürzenden Journalistenlaufbahn.

Rebekah Brooks - Murdochs Frau fürs Grobe
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Rebekah Brooks wusste immer, was sie wollte und wie sie es bekam. Als junge Reporterin hatte sie einen Reitsport-Fan als Vorgesetzten. Rebekah Brooks lernte reiten. Als eine nicht mehr ganz so junge Reporterin hatte sie einen ins Golfen vernarrten Chefredakteur. Rebekah Brooks lernte Golf. Ihr Verleger Rupert Murdoch hat vier Töchter. Frauen, die sich für seine Boulevardmedien wenig interessierten, stattdessen für ihre Familien oder nur für sich selbst.

Rebekah Brooks arbeitete 18 Stunden am Tag für Murdoch, härter als all die harten männlichen Journalisten in seinem Imperium. So wurde sie so etwas wie die fünfte Tochter, die er nie hatte. Schließlich machte Murdoch die 43 Jahre alte Journalistin zur Vorsitzenden seines britischen Zeitungsverlags News International.

Am vergangenen Freitag aber musste der australische Medienunternehmer seine "Lieblingstochter" verstoßen. Der 80 Jahre alte Pressezar nahm den Rücktritt von Rebekah Brooks an. Zu groß war der Druck auf sie und damit auf den gesamten Murdoch-Konzern in der britischen Abhöraffäre geworden.

Gnadenloser Konkurrenzkampf

Am Sonntag folgte Teil zwei ihres jähen Niedergangs. Scotland Yard nahm die einstige Königin des Boulevards im Zuge der Ermittlungen fest. Brooks steht im Verdacht, in ihrer Zeit als Chefredakteurin der "News of the World" das Abhören von Mailboxen und die Bestechung von Polizisten wenn nicht in Auftrag gegeben, so doch zumindest gedeckt zu haben. Nach rund zwölf Stunden in Gewahrsam wurde sie gegen Kaution freigelassen.

Bis zu 4000 Prominente, Politiker, aber auch Angehörige von Afghanistan-Gefallenen und Mordopfern hatten Journalisten der Murdoch-Blätter in der Ära Brooks seit 2000 illegal belauscht. Handy-Mailboxen wurden gehackt, Polizeibeamte bestochen.

Das alles geschah in dem Bemühen, auf dem umkämpften Markt der Boulevardblätter die Konkurrenz auszustechen. Auf Rebekah Brooks wie auf Murdoch wartet nun ein Untersuchungsausschuss des britischen Unterhauses, wahrscheinlich auch der Richter.

Ein Aufstieg so schnell wie ihr Sturz

Es ist das Ende der beispiellosen Karriere des in kleinen Verhältnissen aufgewachsenen Einzelkindes aus dem Arbeiterstädtchen Daresbury bei Liverpool. Mit 19 floh Rebekah Wade, wie sie damals noch hieß, aus dem Elternhaus nach Paris, mit 20 heuerte sie bei der jetzt im Zuge der Abhöraffäre eingestellten Sonntagszeitung "News of the World" aus dem Murdoch-Reich als Sekretärin an.

Rasch arbeitete sie sich hoch: Reporterin, Autorin, Ressortleiterin, mit nur 31 Jahren wurde sie 2000 Chefredakteurin. Sie war die erste Frau an der Spitze der 1843 gegründeten und vergangenen Sonntag im Zuge des Skandals eingestellten Boulevardblattes, mit damals rund vier Millionen Exemplaren Europas größte Sonntagszeitung.

Ihre Mittel: Angst, Ehrgeiz und Druck

Brooks schuf unter ihren Untergebenen eine Atmosphäre aus Angst, Ehrgeiz und Erfolgsdruck, die einige ihrer Journalisten alle Zurückhaltung vergessen ließ. 2003 machte Murdcoh sie zur Chefredakteurin der "Sun", dem auflagenstärksten Revolverblatt der Insel, 2009 schließlich zur Verlagschefin.

In dieser Zeit vervollkommnete die Journalistin ihre bedenklichen Fähigkeiten. Sie gilt als Erfinderin einer noch skrupelloseren Form des Kampagnenjournalismus in der ohnehin nicht zimperlichen britischen Medienlandschaft. So prangerte sie mit Bild, Namen und Wohnort 40 entlassene Sexualstrafttäter an. Zwei der Männer töteten sich daraufhin selbst. Die Chefredakteurin blieb im Amt.

Ihr Ex rief die Polizei, sie habe ihn zusammengeschlagen

Gleichzeitig genoss sie ihren Aufstieg. 2002 heiratete sie den Seifenopern-Star Ross Kemp, der in der TV-Serie "Eastenders" Triumphe feiert, dem britischen Gegenstück zur "Lindenstraße".

Das Paar war häufig Gast auf den Klatschseiten der Murdoch-Blätter, gegen Ende der Ehe auch einmal auf denen der Konkurrenz: Kemp rief nachts die Londoner Polizei und warf seiner Noch-Ehefrau vor, ihn zusammengeschlagen zu haben. Der Vorfall wurde vertuscht, was nach den jüngsten Erkenntnissen über die Verstrickungen der Londoner Polizei mit News International zusätzliche Fragen aufwirft.

Eine Nachbarin Camerons

2009 heiratete die Starjournalistin den Pferdetrainer Charlie Brooks, dessen Namen sie annahm. Das Paar legte sich einen Landsitz in Oxfordshire zu. Einer ihrer Nachbarn ist der konservative Premierminister David Cameron. Beide Paare freundeten sich an, man ritt gemeinsam aus und verstand sich auch politisch hervorragend: Im Wahlkampf 2010 stützte Murdoch nicht mehr die sozialdemokratische Labour Party, sondern Camerons Konservative. Rebekah Brooks war auf dem Zenit ihrer Macht.

Daran erinnerte sich jetzt auch Tony Blairs früherer Pressesprecher Alastair Campbell. Er schilderte in der "Financial Times" seinen Besuch bei der pompösen Brooks-Hochzeit 2009: "Alle waren da. Cameron, Minister, Chefredakteure, der damalige Labour-Premier Gordon Brown kam etwas später, Rupert Murdoch geleitete Brooks zum unter freiem Himmel aufgebauten Traualtar."

Anfang dieser Woche erklärte David Cameron, die Politik und er persönlich hätten sich viel zu sehr mit der Presse eingelassen. Es war, als spräche er vom Teufel. Die Murdoch-Konkurrenz bebilderte ihre Artikel darüber mit Fotos von Rebekah Brooks.

(RP)
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