Mutmaßlicher Serien-Attentäter von Toulouse Mohammed M. wollte heute erneut zuschlagen

Toulouse · Der französische Innenminister Claude Guéant hat Berichte über die Festnahme des mutmaßlichen Serienmörders von Toulouse dementiert. Zuvor hatten der TV-Nachrichtensender BFM und das Magazin "Le Point" übereinstimmend berichtet, der Mann sei überwältigt worden. Wie jetzt bekannt wurde, hatte Mohammed M. offenbar für den heutigen Mittwoch einen weiteren Anschlag geplant.

Toulouse: Eliteeinheit stellt Verdächtigen in Haus
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Er hat sich in einem Haus verschanzt und steht in Verdacht, in Toulouse und Umgebung sieben Menschen getötet zu haben. Der im südfranzösischen Toulouse verschanzte mutmaßliche Islamist Mohammed M. war schon seit Jahren im Visier des französischen Geheimdienstes. Der Mann, der vermutlich sieben Menschen erschoss, will Mitglied des Terrornetzwerks Al-Kaida sein.

Wie jetzt bekannt wurde, wollte der mutmaßliche Serien-Attentäter am heutigen Mittwoch offenbar erneut zuschlagen. Aus Ermittlerkreisen verlautete, dass der Mann einen weiteren Soldaten im Visier hatte. Die Vorsitzende des Rates jüdischer Einrichtungen in der Region, Nicole Yardeni, sagte nach einem Gespräch mit Präsident Nicolas Sarkozy, der Staatschef habe von einer weiteren geplanten Gewalttat am Mittwochmorgen gesprochen. "Er hatte vor, an diesem Morgen zu töten", schilderte Yardeni ihre Informationen zu den Plänen des Attentäters, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Der 23-jährige Mohammed M. algerischer Abstammung ist in Frankreich aufgewachsen. Sein Werdegang scheint typisch für einen radikalisierten Muslim, der dann in seinem Heimatland terroristische Anschläge verübt - ein "home grown terrorist".

Der mutmaßliche Attentäter war in den vergangenen Jahren bereits mehrfach in Afghanistan und Pakistan, wie Innenminister Claude Guéant mitteilte. "Er gibt an, ein Mudschahed zu sein, zu Al-Kaida zu gehören und palästinensische Kinder rächen zu wollen", sagte Guéant. Mohammed M. sei in einer "salafistischen Gruppe" in Toulouse radikalisiert worden, die rund ein dutzend Mitglieder, aber keinen Namen habe.

Die Bewegung der Salafisten strebt einen islamischen Gottesstaat an, manche Salafisten akzeptieren auch den Einsatz von Gewalt. 99,9 Prozent der Salafisten in Frankreich seien aber gewaltfrei, sagt Dominique Thomas, Experte für radikalen Islam an der Hochschule EHESS.

Obwohl der 23-Jährige jahrelang vom französischen Inlandsgeheimdienst DCRI beobachtet wurde, deutete laut Guéant nichts darauf hin, dass der in Toulouse aufgewachsene Mann Anschläge plant. Mohammed M. wurde zwar schon einmal in der südafghanischen Stadt Kandahar vorübergehend festgenommen. Auch sein Bruder soll radikaler Muslim sein. In Frankreich war er bereits durch Straftaten auffällig geworden - auch gewalttätige. Doch erst am Dienstag identifizierten Ermittler den Mann als den mutmaßlichen Serien-Attentäter, der drei Kinder und einen Lehrer vor einer jüdischen Schule sowie drei Fallschirmjäger der französischen Armee erschoss.

Seine angebliche Mitgliedschaft bei Al-Kaida bewerten Experten vorsichtig. Das Terrornetzwerk stecke in einer "tiefen Krise" und habe seit 2005 in Europa keine Anschläge mehr verüben können, ruft Jean-Pierre Filiu in Erinnerung, Al-Kaida-Experte und Professor am Institut für politische Studien in Paris. Einzeltäter hätten häufig die Tendenz, sich als Teil einer größeren Organisation zu sehen.

Auch Al-Kaida werde aus Propagandagründen sicher die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und so tun, "als ob diese Operation von einer ihrer Zellen geplant worden sei", prognostiziert Filiu. Tatsächlich sei die Aktionsfähigkeit des Netzwerkes in Europa aber äußerst begrenzt. In Frankreich gab es bisher noch nie einen Anschlag von Al-Kaida, zuletzt erschütterte 1995 eine islamistische Anschlagswelle der algerischen Gruppe GIA das Land.

Das Terrornetzwerk gilt unter anderem durch den Tod seines Anführers Osama bin Laden im vergangenen Mai als sehr geschwächt. Zuvor hatte Bin Laden allerdings mehrfach Frankreich mit Terroranschlägen gedroht, zuletzt Anfang 2011. Den Abzug der französischen Armee aus Afghanistan forderte er und prangerte das Verbot von Ganzkörperschleiern in Frankreich an. Der Serientäter von Toulouse berief sich einer Journalistin zufolge, mit der er offenbar telefonierte, ebenfalls auf diese Gründe, um seine Bluttaten zu rechtfertigen.

Seit dem Tod Bin Ladens seien die islamistischen Zellen in Europa kaum noch aktiv, doch würden "Einzelpersonen in völlig anarchischer Weise" den Kampf weiterführen, meint Eric Denécé vom Zentrum für Geheimdienstforschung CF2R. Und so gelten nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten vor allem junge Muslime, die in den Ländern aufgewachsen sind und sich dann radikalisiert haben, als eine der größten Terror-Gefahren.

(dpa/RTR/APD/AFP)
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