Taser mit Pistole verwechselt Tödlicher Schuss in Minneapolis auf Schwarzen war wohl Versehen

Washington · Offenbar hat eine Polizistin ihren Taser mit ihrer Pistole verwechselt: Der erneute Tod eines Schwarzen bei einem Polizeieinsatz im US-Bundesstaat Minnesota ist nach ersten Erkenntnissen der Polizei auf einen versehentlichen Schuss zurückzuführen.

 Der zuständige Polizeichef Tim Gannon.

Der zuständige Polizeichef Tim Gannon.

Foto: AFP/Stephen Maturen

Der bei einer Polizeikontrolle in einer Vorstadt von Minnesota getötete Schwarze ist offenbar einem fatalen Fehlgriff zum Opfer gefallen. Die Beamtin, die den tödlichen Schuss abfeuerte, habe eigentlich eine Elektroschockpistole und keine Schusswaffe einsetzen wollen, sagte der Polizeichef von Brooklyn Center, Tim Gannon, am Montag. Er sprach von einer „versehentlichen Entladung“. Am Abend kam es erneut zu Protesten. Präsident Joe Biden mahnte zur Ruhe.

Gannon zeigte auf der Pressekonferenz die Aufzeichnung der Körperkamera der Beamtin. Darin ist zu hören, wie sie „Taser! Taser! Taser!“ ruft. Nach einem einzelnen Schuss aus ihrer Handfeuerwaffe ist zu sehen, wie das Auto schnell davon fährt und die Beamtin sagt: „Heilige (Fluch), ich habe ihn erschossen.“ Gannon wollte die Beamtin nicht identifizieren. Er bezeichnete sie als ranghoch. Der Bürgermeister von Brooklyn Center, Mike Elliott, bezeichnete den Vorfalls als „zutiefst tragisch.“ Über eine Anklage war noch nicht entschieden. Der Vorfall ereignete sich knapp ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd bei einer Polizeikontrolle in Minneapolis.

Die Polizei von Brooklyn Center hatte zuvor mitgeteilt, der Schwarze Daunte W. sei am Sonntag in seinem Wagen angehalten worden. Weil ein Haftbefehl gegen den 20-Jährigen vorgelegen habe, hätten die Beamten versucht, ihn festzunehmen.

Der Fahrer fuhr den Angaben zufolge weiter, bevor er mit einem anderen Fahrzeug zusammenstieß. Eine Beifahrerin erlitt bei dem Unfall leichte Verletzungen. Ein Polizist wurde ebenfalls verletzt und musste im Krankenhaus behandelt werden, wie die Zeitung „Star Tribune“ berichtete.

Am Sonntagabend versammelten sich Demonstranten in der Nähe des Unfallorts. Sie trugen „Black Lives Matter“-Fahnen, sprangen auf Polizeifahrzeuge und gingen durch die Straßen. Vor einer Polizeiwache flogen Steine auf Beamte. In rund 20 Geschäfte wurde eingebrochen, wie der Leiter der Abteilung für öffentliche Sicherheit, John Harrington, erklärte. Die Nationalgarde sei aktiviert worden.

Am Montag kam es trotz einer Ausgangssperre erneut zu Protesten. Hunderte versammelten sich vor einer Polizeistation und riefen den Namen des Getöteten und beleidigten die Polizei. Diese setzte Tränengas und Blendgranaten ein. Am spätern Abend harrten nur noch einige Dutzend Demonstranten aus.

Die Mutter des Getöteten rief die Demonstranten auf, friedlich zu bleiben. Ihr Sohn habe sie angerufen, als die Beamten ihn gestoppt hätten, berichtete sie der Zeitung „Star Tribune“. Sie habe noch eine Auseinandersetzung gehört, bevor das Gespräch abgebrochen sei. Als sie zurückgerufen habe, habe ihr die Freundin ihres Sohnes gesagt, dass er angeschossen worden sei. Eine Augenzeugin sagte, die Beamten hätten am Unfallort Erste Hilfe geleistet.

Biden sagte, auch er habe sich die Kameraaufnahme angesehen und verstehe, dass die schwarze Gemeinschaft Zorn, Schmerz und Schock fühle. Das rechtfertige aber keine Gewalt und Plünderungen. „Wir sollten auf den Ruf von Dauntes Mama nach Frieden und Stille hören“, mahnte Biden. Er bete für deren Familie.

Die Familie des Getöteten engagierte den Menschenrechtsanwalt Ben Crump, der für Floyds Hinterbliebene einen Vereinbarung über 27 Millionen Dollar (rund 22,7 Millionen Euro) mit der Stadt Minneapolis ausgehandelt hatte. „Was braucht es noch, damit Strafvollzugsbehörden aufhören, People of Colour zu töten“, fragte Crump.

(lha/felt/dpa)
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