34 Minenarbeiter in Südafrika erschossen Minengesellschaft stellt Arbeitern Ultimatum

Marikana · Nach der blutigen Eskalation beim Aufstand von Minenarbeitern in Südafrika hat die Betreibergesellschaft den Streikenden ein Ultimatum gesetzt. Sie müssten am Montag die Arbeit wieder aufnehmen oder sie würden entlassen, erklärte die Firma Lonmin am Sonntag.

34 Minenarbeiter in Südafrika erschossen: Minengesellschaft stellt Arbeitern Ultimatum
Foto: afp, AFP

Der vom regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) ausgeschlossene Politiker Julius Malema hat derweil schwere Vorwürfe gegen Regierung und Sicherheitskräfte erhoben.

"Sie hatten kein Recht zu schießen", sagte Malema an jenem Ort, an dem Polizisten am Donnerstag 34 streikende Minenarbeiter getötet und 78 weitere verletzt hatten. Er war der erste Politiker, der sich in der Mine Marikana nach den Ereignissen der jüngsten Tage an die Kumpel wandte. Tausende der streikenden Minenarbeiter quittierten den Auftritt des früheren Vorsitzenden der ANC-Jugendliga mit Applaus.

Präsident Jacob Zuma ordnete eine offizielle Untersuchung des Vorfalls an. Er brach einen Besuch in Mosambik ab und eilte direkt zum nordwestlich von Johannesburg gelegenen Bergwerk. Familien setzten derweil die Suche nach Angehörigen fort, die nach einem der schlimmsten Fälle von Polizeigewalt seit dem Ende der Apartheid vor 18 Jahren noch immer vermisst werden.

"Polizisten haben sich geschützt"

Polizeichefin Mangwashi Victoria Phiyega verteidigte den tödlichen Einsatz. Die Beamten hätten sich selbst geschützt, nachdem bewaffnete Arbeiter sie mit gefährlichen Waffen angegriffen hätten. Auf Videoaufnahmen sah es hingegen nicht nach einem Angriff seitens der Protestierenden aus. Die Minenarbeiter demonstrieren seit Tagen für höhere Löhne.

Mindestens zehn weitere Menschen kamen während des Arbeitskampfs bereits ums Leben. Zwei Polizisten wurden von Streikenden totgeschlagen und zwei Wachleute der Mine verbrannten, als die protestierenden Arbeiter deren Fahrzeug anzündeten.

Der frühere ANC-Politiker Malema erhob indes schwere Vorwürfe gegen seine frühere Partei und die Regierung. Ranghohe Parteifunktionäre hätten die sich zuspitzende Lage der Bergarbeiter und deren Forderungen nach höheren Löhnen ignoriert, weil sie selbst Teilhaber der betroffenen Platinmine des Betreibers Lonmin seien, sagte Malema.

Gleichzeitig rief er Zuma und dessen Polizeiminister unter dem Jubel der Menschenmenge auf, entweder die Lohnforderungen der Minenarbeiter zu unterstützen oder zurückzutreten. Zuvor hatten die Streikenden beklagt, dass der Präsident nicht zu ihnen gekommen war, als er am Freitag verletzte Arbeiter im Krankenhaus besuchte.

In einer Stellungnahme bezeichnete Zuma die jüngste Entwicklung als schockierend und tragisch. Er kündigte an, einen Untersuchungsausschuss zusammenzustellen, der die wahren Umstände der Schießerei ans Licht bringen solle.

Frauen demonstrieren gegen die Gewalt

Am Freitag hatten zahlreiche Frauen gegen die Gewalt nahe der Mine Marikana protestiert. "Polizisten - hört auf, unsere Männer und Söhne zu erschießen", war auf einem Transparent der Demonstrantinnen zu lesen. Sie knieten vor den mit Schrotflinten bewaffneten Beamten nieder und sangen in der Xhosa-Sprache ein Lied mit dem Titel: "Was haben wir getan?"

Vor Krankenhäusern in der Region versammelten sich Menschen in der Hoffnung, vermisste Angehörige unter den Verletzten zu finden. Eine Frau mit einem Baby auf dem Rücken berichtete, dass ihr Ehemann am Donnerstagmorgen aufgebrochen sei, um sich den Protesten anzuschließen. "Er kam nie zurück."

Tausende im Streik

Warum die Gewalt am Donnerstag eskalierte, war zunächst unklar. In einem Bericht des privaten Fernsehsenders e.tv waren Dutzende Schüsse aus automatischen Waffen zu hören, bis ein Beamter rief: "Feuer einstellen." Zuvor hatte die Polizei die Streikenden aufgefordert, ihre Waffen - darunter Macheten und Knüppel - niederzulegen. Als die Arbeiter die Aufforderung ignorierten, setzte die Polizei zunächst Wasserwerfer, Blendgranaten und Tränengas ein. Wenig später fielen Schüsse.

Seit dem 10. August streiken rund 3000 Arbeiter der Mine Marikana 70 Kilometer nordwestlich von Johannesburg. Minenbetreiber Lonmin, der weltweit drittgrößte Platinproduzent, stuft den Streik als illegal ein.

Auch wenn es bei der ursprünglichen Arbeitsniederlegung um eine bessere Bezahlung ging, so hat die anschließende Gewalt ihren Ursprung auch in der Auseinandersetzung zwischen der führenden Gewerkschaft National Union of Mineworkers und der aufstrebenden und radikaleren Association of Mineworkers and Construction Union. So war der Konflikt zwischen beiden Gewerkschaften bereits vor einiger Zeit bei einer anderen Mine eskaliert. Der Dachverband der südafrikanischen Gewerkschaften sprach denn auch von einer Instrumentalisierung der Gewalt.

Angesichts der jüngsten Polizeigewalt machte sich Bestürzung in der Bevölkerung breit. Auch wenn es diesmal zumeist schwarze Beamte waren, die auf schwarze Arbeiter schießen, so haben die Bilder vom Polizeieinsatz bei zahlreichen Südafrikanern Erinnerungen an jene düsteren Zeiten der Apartheid geweckt, als weiße Beamte das Feuer auf demonstrierende Gegner der Rassentrennung eröffneten.

(APD)
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