Suche läuft seit Oktober Milliarden-Jackpot in USA geknackt - aber vom Gewinner fehlt jede Spur

Simpsonville · Mit 1,5 Milliarden Dollar war es der bisher zweitgrößte Jackpot der US-Geschichte. Irgendjemand in South Carolina hat ihn im Oktober geknackt, sich aber bislang nicht gemeldet. Mit jedem Tag wird das Rätsel größer - und die Uhr tickt.

 Der Chef der Lotterie, Tony Cooper, und der Besitzer des Ladens, in dem das Los ausgefüllt wurde, CJ Patel, bei ihrem Aufruf nach dem Gewinner.

Der Chef der Lotterie, Tony Cooper, und der Besitzer des Ladens, in dem das Los ausgefüllt wurde, CJ Patel, bei ihrem Aufruf nach dem Gewinner.

Foto: AP/Jeffrey Collins

Es ist ein Rätsel, das wohl fast jeden in der kleinen Stadt Simpsonville im US-Staat South Carolina beschäftigt. Wer hat im vergangenen Oktober den 1,5 Milliarden Dollar (1,37 Milliarden Euro) schweren Mega-Millions-Jackpot geknackt - und warum hat sich der Gewinner bisher nicht gemeldet?

An Spekulationen mangelt es nicht. Vielleicht war er oder auch sie beim Blick auf den eigenen Lottoschein mit den Gewinnzahlen so überwältigt, dass es zu einer tödlichen Herzattacke kam? Oder ist der Gewinner auf der Flucht vor der Polizei und fürchtet sich, seinen Gewinnscheck abzuholen?

Vielleicht wurde der Lottoschein nach dem Kauf ja auch hinter eine Sonnenschutzblende im Auto gesteckt, fiel herunter und landete im Mülleimer. Oder aber: Der oder die Glückliche lebt erstmal weiter wie bisher, und nimmt den Gewinn dann irgendwann in Anspruch.

Viel Zeit dafür bleibt allerdings nicht mehr. Die Uhr tickt: Wer immer den zweitgrößten Lotto-Jackpot in der Geschichte geknackt hat, hat noch bis 17 Uhr am 19. April Zeit, das South Carolina-Lottobüro in Columbia aufzusuchen und den Gewinnschein vorzulegen. Er bekäme 878 Millionen Dollar (771 Millionen Euro), wenn er sich für eine Einmalzahlung entscheiden würde, wovon er natürlich noch kräftig Steuern abdrücken müsste. Der Gewinner kann sich aber auch für jährliche Zahlungen über 30 Jahre verteilt entscheiden - dann käme er im Erlebensfall auf den vollen Milliarden-Gewinnbetrag minus Steuern.

Verkauft wurde das Ticket im KC Mart in Simpsonville, irgendwann zwischen dem 20. und 23. Oktober, 23 Uhr: Das war der Abend der Ziehung. Vertreter der für Glücksspiele zuständigen staatlichen Behörde warteten auf dem Parkplatz des Ladens, als die Angestellten am nächsten Morgen zur Arbeit kamen. „Bis dahin wussten wir nicht, dass wir den Gewinnschein verkauft hatten“, erzählte Joe Patel, einer der Beschäftigten.

Die Behördenvertreter hätten dann auch sofort die Aufzeichnungen der Überwachungskameras des Ladens an sich genommen. „Wir haben sie nicht zu Gesicht bekommen“, so Patel. „Ich weiß nicht, wann wir ihn (den Lottoschein) verkauft haben und an wen.“

Simpsonville ist ein Vorort von Greenville, etwa 22 000 Menschen leben hier. Der KC Mart liegt vom Zentrum der Gemeinde entfernt an einer zweispurigen Straße. Viele Kunden des Ladens vermuten, dass der Schein mit den Treffern an jemanden verkauft wurde, der in der Nähe wohnt oder arbeitet.

Christian Porchak lebt ungefähr 1,5 Kilometer vom Laden entfernt und hat dort gleich mehrere Tickets für die große Ziehung erstanden. Als er hörte, dass der Gewinnschein genau in diesem Laden verkauft wurde, überprüfte er sehr aufgeregt seine eigenen Zahlen, jeden Schein wieder und wieder. Trotzdem, so sagt er, „ist da das nagende Gefühl, dass ich vielleicht eines übersehen habe.“

Es gibt natürlich auch Verschwörungstheorien. Chris Watson, der im KC Mart auf dem Grill Hotdogs und Hamburger zubereitet, fragt sich zum Beispiel, ob Mega Millions überhaupt jemals geplant habe, den Jackpot auszuzahlen oder ob es sich nur um einen Trick handelte, um mehr Lottoscheine zu verkaufen.

Wenn sich niemand meldet, fließt die Gewinnsumme nicht in einen anderen Jackpot. Sie wird an die 44 US-Bundesstaaten, den Stadtbezirk Washington) sowie an das US-Außengebiet Virgin Islands zurückverteilt, die an der Mega-Millions-Lotterie beteiligt sind. Die rückerstattete Summe wird in solchen Fällen häufig in den Bildungsbereich gesteckt.

South Carolina könnte verlieren: Der Staat hatte 61 Millionen Dollar an Steuerabgaben des Gewinners in seinem Budget eingeplant - was 0,5 Prozent seines jährlichen Ausgabenplans entspricht. Die Summe wurde nun vorsichtshalber aus dem Haushalt gestrichen.

Und South Carolinas Steuerzahler könnten um ein kleines Schmankerl kommen: Ein Abgeordneter hat einen Vorschlag in das Staatsbudget eingebaut, nach dem jedem, der eine Steuerklärung abgibt, bis zu 50 Dollar gutgeschrieben werden sollen - aber nur, wenn der Staat seine Steuern vom Lottogewinner erhält.

Auf der Verliererseite könnte auch der KC-Mart-Besitzer landen: Ihm würde ein 50 000-Dollar-Bonus entgehen, sollte sich niemand mit dem Gewinnticket melden. Aber immerhin hat der Laden seit dem Verkauf des Scheins seine Verkäufe gesteigert, wie Patel schildert. Und es kommen immer noch Leute, die hoffen, dass das Glück auf sie abfärbt. So prangen im Geschäft auch weiter Schilder mit der stolzen Aufschrift „Wir haben ein Mega-Millions-Gewinnticket im Wert von 1,5 Milliarden Dollar verkauft“.

Dass Jackpots - auch größere - geknackt, aber nicht beansprucht wurden, ist in der Vergangenheit schon vorgekommen. Aber dieser Fall stellt alle anderen in den Schatten. Der bisher größte Mega-Millions-Topf mit einem Gewinner, der sich nicht meldete, war 68 Millionen Dollar schwer. Das war im Jahr 2002, wie Gordon Medenica vom Mega-Millions-Konsortium schildert.

Wie lange Gewinner Zeit haben, sich ihren Scheck abzuholen, ist von Staat zu Staat verschieden. Und manchmal dauert es. So meldeten sich 2016 kalifornische Mitgewinner eines 1,58-Millionen Dollar schweren Powerball-Jackpots - dem größten Lotto-Topf in der US-Geschichte - erst ungefähr sechs Monate nach der Ziehung.

„Je größer der Preis, desto länger dauert es“, so Russ Lopez von der California Lottery. Bei einer derartigen Menge Geld werde sich das Leben der Gewinner unweigerlich verändern.

(mja/dpa)
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