Attacken auch am Dienstag Hamas weitet Raketenangriffe auf Israel aus - Tote auf beiden Seiten

Gaza/Jerusalem/Tel Aviv · Militante Palästinenser feuern fast ununterbrochen Raketen auf Israel ab. Vor allem die Stadt Aschkelon steht unter schwerem Beschuss. Die Armee tötet mehrere Mitglieder radikaler Gruppen im Gazastreifen.

Raketenangriffe zwischen Israel und dem Gazastreifen
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Raketenangriffe zwischen Israel und dem Gazastreifen

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Foto: AFP/JACK GUEZ

Militante Palästinenser haben am Dienstag ihre Angriffe auf Israel ausgeweitet und aus dem Gazastreifen hunderte Raketen abgefeuert. Das israelische Militär reagierte darauf mit Dutzenden Luftangriffen auf Ziele in dem Küstengebiet direkt am Mittelmeer. Auf beiden Seiten gab es Tote. Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan Mitte April zugespitzt. Inzwischen sind es die heftigsten Auseinandersetzungen seit mehreren Jahren. Der Ramadan geht diese Woche zu Ende.

Nach Angaben der israelischen Polizei wurden in der besonders schwer beschossenen Küstenstadt Aschkelon zwei Menschen getötet. Dem Rettungsdienst Zaka zufolge handelt es sich um Frauen, die in ihren Häusern von Raketen getroffen wurden. Ein Armeesprecher sagte, im Gazastreifen seien mindestens 15 Mitglieder der islamistischen Hamas und des militanten Islamischen Dschihads getötet worden.

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Dem Gesundheitsministerium in Gaza zufolge starben im Zuge der Gewalt bislang 26 Menschen, darunter neun Kinder. Nach Berichten örtlicher Medien und von Augenzeugen wurden drei Kinder durch israelische Luftangriffe getötet, die übrigen sechs durch fehlgeleitete Raketen von Extremisten. Die Bundesregierung verurteilte die Raketenangriffe auf Israel. „Es handelt sich um eine durch nichts zu rechtfertigende Eskalation in einer angespannten Lage“, sagte ein Regierungssprecher.

In den vergangenen Tagen hatte es vor allem in Jerusalem - und dort insbesondere auf dem Tempelberg - mehrfach Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gegeben. Auslöser waren unter anderem Polizei-Absperrungen an der Altstadt sowie drohende Zwangsräumungen von palästinensischen Familien im Viertel Scheich Dscharrah. Auch in israelischen Ortschaften im Norden und Süden kam es zu Konfrontationen. Arabische Israelis bewarfen dort Polizisten mit Steinen. Fernsehreporter verglichen die Vorfälle mit dem zweiten Palästinenseraufstand (Intifada) vor zwei Jahrzehnten.

Der Tempelberg in Jerusalems Altstadt mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist für Juden wie Muslime von herausragender Bedeutung. Der Status Jerusalems ist eine der zentralen Streitfragen im Nahost-Konflikt. Israel beansprucht Jerusalem als „ewige und unteilbare Hauptstadt“ für sich. Die Palästinenser halten am Anspruch auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Staates fest.

Seit Montagabend beschießen militante Palästinenser Israel mit Raketen. Ein Sprecher der im Gazastreifen herrschenden Hamas nannte die Angriffe eine Botschaft an den Feind Israel und eine „Reaktion auf seine Verbrechen und Aggression gegen die heilige Stadt“. Die Hamas wird von Israel, den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft. Sie hat die Zerstörung Israels zu ihrem Ziel erklärt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sah eine rote Linie darin überschritten, dass auch Raketen in Richtung Jerusalem abgefeuert wurden. Er stimmte die Israelis auf einen längeren Konflikt ein. Verteidigungsminister Benny Gantz genehmigte die Mobilisierung von 5000 Reservisten.

Seit der gewaltsamen Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen 2007 haben sich Israel und die radikale Palästinenserorganisation drei Kriege geliefert. Israel und Ägypten halten das Gebiet unter Blockade und begründen dies mit Sicherheitserwägungen. Etwa zwei Millionen Menschen leben dort - nach Angaben von Hilfsorganisationen unter miserablen Bedingungen. Im August 2020 verkündete die Hamas nach Vermittlung Katars eine Waffenruhe.

Nach Angaben des israelischen Militärs wurden binnen 18 Stunden 300 Raketen vom Gazastreifen aus abgefeuert. Vor allem in direkter Umgebung des Küstengebiets und der nördlich davon gelegenen Stadt Aschkelon ertönten immer wieder Sirenen. Zaka berichtete von massivem Beschuss mit Dutzenden Raketen binnen kurzer Zeit - offenkundig mit dem Ziel, das israelische Abwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) zu überfordern. Ein Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, gab an, binnen fünf Minuten seien 137 Raketen auf Aschkelon und Aschdod abgefeuert worden.

Das von Israel entwickelte mobile System fängt üblicherweise einen Großteil abgefeuerter Raketen ab. Ein Armeesprecher sagte am Dienstag, die Erfolgsquote habe zuletzt mehr als 90 Prozent betragen. Er wies zugleich darauf hin, dass rund ein Drittel aller abgefeuerten Raketen noch im Gazastreifen niedergegangen sei. Dies sei außergewöhnlich viel und habe dort wohl auch Opfer zur Folge. Bei Iron Dome erkennt ein Radargerät anfliegende Geschosse. Dann startet ein Raketenwerfer eine Abfangrakete, um solche Geschosse noch in der Luft zu zerstören.

(chal/mja/dpa)
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