Entsetzen in Urlaubsregion Deutscher Radler in Mexiko erschossen

San Cristóbal · Nach 60.000 Kilometern auf zwei Rädern stirbt ein Weltenbummler aus Hessen in einem Straßengraben in Südmexiko. Was erst wie ein Unfall aussieht, war vermutlich ein Raubüberfall.

 In Mexiko wird an die beidne getöteten Männer erinnert.

In Mexiko wird an die beidne getöteten Männer erinnert.

Foto: dpa/Rainer Hagenbusch

Blutiges Ende einer Fahrradtour um die ganze Welt: Ein deutscher Globetrotter ist im Süden von Mexiko erschossen worden. Seine Leiche war in einem Abgrund in 200 Meter Tiefe unterhalb einer Landstraße im Bundesstaat Chiapas entdeckt worden. Zunächst gingen die Behörden von einem Unfall aus, jetzt ermitteln sie wegen Mordes.

Im Schädel des Toten sei ein Einschussloch entdeckt worden, sagte der Staatsanwalt Luis Alberto Sánchez der Deutschen Presse-Agentur. Alles deute auf einen Raubüberfall hin. Der Bruder des Opfers hofft nun, die Leiche nach Deutschland bringen zu können. „Unsere Mutter fragt täglich, wann ich ihn nach Hause bringe“, sagte der Mann. Sie habe das Geschehene noch nicht ganz verstanden. „Sie ist zerstört.“

Vier Jahre mit dem Fahrrad unterwegs

Der 43-Jährige aus Freigericht bei Frankfurt/Main war seit vier Jahren mit seinem Rad unterwegs. Auf seiner Reise durch Europa, Asien und Amerika hatte er bereits über 60.000 Kilometer zurückgelegt. Anfang des Jahres überquerte er die Grenze zwischen den USA und Mexiko und radelte über Baja California und Mexiko-Stadt in den äußersten Süden des lateinamerikanischen Landes.

„Ich muss sagen, dass ich anfange, mich in dieses Land zu verlieben“, schrieb der Globetrotter auf seinem Blog. Das letzte Foto zeigt ihn mit einem befreundeten Radwanderer auf dem riesigen Platz Zócalo im historischen Zentrum von Mexiko-Stadt. „Das Leben findet auf der Gasse statt und das ist schön, es wird nie langweilig während einer Pause.“

Seit dem 20. April galt der deutsche Weltenbummler im Süden von Mexiko als vermisst. Vor gut einer Woche wurde seine Leiche zusammen mit der eines polnischen Radfahrers an einem Hang nahe San Cristóbal de las Casas entdeckt. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, der Fall sei zur Kenntnis genommen worden. Ein Mitarbeiter der deutschen Botschaft stehe in Kontakt mit dem Bruder des Opfers, der nach Südmexiko gereist ist.

„Eine würdevolle Bestattung ermöglichen“

Vor allem will er seinen Bruder heimholen. „Tausende Kilometer von hier entfernt, auf der anderen Seite eines enormen und tiefen Ozeans, durchleidet eine Mutter das Schlimmste was einer Frau, die Leben geboren hat, geschehen kann“, schrieb er auf Facebook. „Seine Mutter möchte ihrem Sohn eine würdevolle Bestattung ermöglichen. Denn für sie gibt es dieses Jahr keinen glücklichen Muttertag. Für sie gibt es bloß Trauer und Schmerz.“

Der tote polnische Radfahrer war bereits zu Beginn der Woche identifiziert worden. Sein Kopf war vom Körper abgetrennt. Laut Staatsanwalt Sánchez hatte der Kopf zudem einen heftigen Schlag erlitten, möglicherweise, um einen Unfall vorzutäuschen. Von der Leiche des Deutschen waren nur Knochen gefunden worden.

Fahrradfahrer in verschieden Städten Mexikos protestierten gegen die Gewalt und forderten eine rasche Aufklärung der Tat. Unter dem Motto „Für das Recht, uns in Sicherheit auf den Straßen Mexikos und der Welt zu bewegen“ machten sie auch auf die schwierige Sicherheitslage in ihrem Land aufmerksam. Die Staatsanwaltschaft betonte jedoch, dass es sich bei der Tat um einen Einzelfall handele.

Auswärtiges Amt rät zu „besonderer Voersicht“

Zwar gilt Chiapas, wo die Radler tot aufgefunden worden waren, als relativ sicher. Zahlreiche Urlauber kommen jedes Jahr in den Bundesstaat an der Grenze zu Guatemala, um die Kolonialstadt San Cristóbal oder die Maya-Ruinen von Palenque zu besuchen. In seinen Reisehinweisen rät das Auswärtige Amt bei Überlandfahrten in Chiapas allerdings „zu besonderer Vorsicht“. Auch das US-Außenministerium empfiehlt wegen der Kriminalität erhöhte Aufmerksamkeit.

Mexiko wird derzeit von einer beispiellosen Welle brutaler Verbrechen überrollt. Mit mehr als 29.000 Tötungsdelikten war das vergangene Jahr das blutigste in der jüngeren Geschichte des Landes. Rund 30.000 Menschen gelten außerdem als verschwunden. In der mexikanischen Unterwelt toben derzeit heftige Verteilungskämpfe um Geschäftsanteile, Einflusszonen und Schmuggelrouten. Dabei geraten auch immer wieder Unschuldige zwischen die Fronten.

Vor rund einem Jahr war eine deutsche Reisegruppe in Chiapas von bewaffneten Männern überfallen worden. In der von sozialen Unruhen geprägten Region blockieren Dorfbewohner immer mal wieder die Landstraßen und fordern kleinere Geldbeträge von den Reisenden. Unter dem organisierten Verbrechen leidet der Bundesstaat an der Grenze zu Guatemala allerdings nicht so stark wie andere Regionen.

(wer/dpa)
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